Neuer Kanzler Scholz sagt Corona Kampf an
Berlin (dpa) - Die erste rot-grün-gelbe Bundesregierung ist im Amt und kann nun mit der versprochenen Erneuerung des Landes beginnen. Der Bundestag wählte am Mittwoch in Berlin den Sozialdemokraten Olaf Scholz zum neunten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Er und seine 16 Ministerinnen und Minister erhielten anschließend von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Ernennungsurkunden. Bereits am Abend kam das neue Bundeskabinett zu seiner ersten Sitzung zusammen. Vom neuen Kabinett wurde unter anderem ein Organisationserlass gebilligt, der die Zuständigkeiten unter den Ministerien neu verteilt. Davon sind vor allem die Klimapolitik und das Digitale betroffen.
Im ersten Interview nach seinem Amtsantritt mit dem Fernsehsender "Welt" versprach Scholz einen entschlossenen Kampf gegen die Corona-Pandemie. Die neue Bundesregierung werde alles tun, um die Impfquote im Land zu steigern, sagte er. In den kommenden Wochen wird diese Herausforderung die neue Bundesregierung in besonderer Weise auf die Probe stellen.
Mit dem Antritt der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ist die Ära von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach 16 Jahren beendet. Sie übergab am Nachmittag das Kanzleramt an Scholz.
Auf den Sozialdemokraten entfielen in der geheimen Wahl im Bundestag 395 von 707 abgegebenen Stimmen. Es gab 303 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen, 3 Stimmen waren ungültig. Scholz fehlten mindestens 15 Stimmen aus den Reihen von SPD, Grünen und FDP. Zur Wahl waren 369 Stimmen nötig. Die Ampel-Parteien verfügen im Parlament über 416 Mandate - 47 mehr als die sogenannte Kanzlermehrheit. Sechs Abgeordnete der drei Fraktionen nahmen nach deren Angaben nicht an der Abstimmung teil, etwa weil sie krank waren.
Scholz ist der vierte SPD-Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik - nach Willy Brandt (1969-1974), Helmut Schmidt (1974-1982) und Gerhard Schröder (1998-2005). Die CDU stellte bislang die vier Kanzler Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Kurt Georg Kiesinger und Helmut Kohl sowie zuletzt Kanzlerin Merkel.
Scholz sprach im Bundestag die im Grundgesetz festgelegte Eidesformel: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde." Der SPD-Politiker - und später sieben seiner Ministerinnen und Minister - verzichteten auf den Zusatz "So wahr mir Gott helfe".
Bei der Übergabe des Kanzleramts wünschte Merkel Scholz "immer eine glückliche Hand". Sie wisse, dass er mit großer Motivation an die Arbeit gehe. "Und deshalb: Nehmen Sie dieses Haus in Besitz und arbeiten Sie mit ihm zum Besten unseres Landes." Scholz bescheinigte Merkel, Deutschland "geprägt" zu haben. "Das war eine große Zeit, in der Sie Kanzlerin dieses Landes waren, und Sie haben auch Großartiges bewegt." In der ZDF-Sendung "Was nun?" erklärte Scholz später, dass er sich auch weiterhin mit der Kanzlerin über Politik austauschen wolle.
Parallel fand in vielen Ministerien an diesem Mittwoch bereits die Übergabe an die neuen Amtsinhaberinnen und -inhaber statt.
Am Mittwoch zeichnete sich jedoch bereits ein erster Konflikt um die außenpolitische Führungsrolle ab. Während die Grünen die Zuständigkeit ihrer Außenministerin Annalena Baerbock betonen, sehen die Sozialdemokraten eine führende Rolle bei SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich am Tag des Amtsantritts der neuen Regierung, dass die deutsche Außenpolitik "insbesondere im Kanzleramt" gesteuert werde. Dieser Einschätzung widersprach der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour, der sich um den Parteivorsitz bewirbt, bei Twitter ausdrücklich: "Das Auswärtige Amt so herabzusetzen ist die überkommene "Koch-Kellner-Logik". Wir sollten auf der Grundlage des Koalitionsvertrags Vertrauen aufbauen, nicht Vorgärten pflegen."
Merkel-Abschied
Berlin (dpa) - Die scheidende Kanzlerin Angela Merkel hat sich nach mehr als 30 Jahren im Bundestag, dem deutschen Parlament, von der Unionsfraktion aus CDU und der bayerischen Schwesterpartei CSU verabschiedet.
Sie werde ja nicht verschwinden, sondern ziehe in "Margot Honeckers Büro" in der Straße Unter den Linden ein - wo auch Helmut Kohls Büro als Altkanzler gewesen sei, berichtete Merkel nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen am Dienstag in einer Videoschalte der Unionsfraktion, zu der sie dazu geschaltet war. Das bekannte Bild von Konrad Adenauer sei schon aus ihrem Büro ausgezogen. Die Ehefrau des damaligen DDR-Staats- und Parteichefs Erich Honecker hatte in der DDR Unter den Linden residiert.
Merkel, die seit 1990 Bundestagsabgeordnete der CDU war, wurde mit den Worten zitiert: "Ich habe mir die Krisen nicht ausgedacht und in die Fraktion mitgebracht." Die Krisen würden auch bleiben, "wenn ich nicht mehr Kanzlerin bin".
Demokratien gefordert
Washington (dpa) - US-Präsident Joe Biden hat demokratische Regierungen weltweit angesichts des Vormarsches autoritärer Systeme zum Zusammenhalt aufgerufen. Autokraten rechtfertigten repressive Praktiken „als effizienteren Weg zur Bewältigung der heutigen Herausforderungen“, sagte Biden gestern zum Auftakt seines zweitägigen virtuellen „Gipfels für Demokratie“ mit Vertretern von mehr als 100 Regierungen.
„Als globale Gemeinschaft für Demokratie müssen wir für die Werte eintreten, die uns vereinen“, sagte Biden. „Wir müssen für Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit eintreten, für Redefreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, für alle angeborenen Menschenrechte jedes Einzelnen.“
Hauptthemen bei dem Gipfel sollen die Verteidigung der Demokratie gegen Autoritarismus, die Bekämpfung der Korruption und die Förderung der Achtung der Menschenrechte sein. Neben Regierungsvertretern sind auch Aktivisten, Wirtschaftsvertreter und andere Mitglieder der Zivilgesellschaft eingeladen. Für Deutschland nahm der neue Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Auftakt des Gipfels teil.
Biden kündigte eine US-amerikanische „Initiative für Demokratische Erneuerung“ zur Stärkung von Demokratien weltweit an. Nach Angaben des Weißen Hauses wollen die USA dafür im kommenden Jahr bis zu 424 Millionen US-Dollar bereitstellen.
Kritik gab es an der Einladungsliste des Weißen Hauses. Manche Staaten, in denen die Demokratie unter Druck steht, finden sich dort wieder, andere nicht. So stehen beispielsweise die Philippinen auf der Liste. Die Türkei und Ungarn blieben aber außen vor.
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