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  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Allgemeine Verwirrung und eine nicht begriffene Krise

Von Juan E. Alemann

Die Wirtschaft entwickelt sich nicht, wie es die Regierung erwartet hatte. Die Inflation vom Februar, mit 3,8% im Monat (wobei Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um 5,7% zunahmen!) und 51,3% in einem Jahr (58,3% bei Nahrungsmitteln), war eine besonders schlechte Nachricht. Hinzu kommt die Unruhe auf dem Devisenmarkt, die vor zwei Wochen aufgetreten ist, plus der Sprung der Leliq-Verzinsung von 43% auf 64,88%, der auch ein verheerende Wirkung hat. Die Arbeitslosigkeit nimmt ständig zu und erreicht schon ein kritisches Ausmaß, auch mit immer mehr Langzeitarbeitslosen (über 2 Jahre), die das Kernproblem darstellen. Die Schließung von Fabriken und Einzelhandelsgeschäften, die Einführung von Kurzarbeit und die Zunahme der Konkursverfahren, die am laufenden Band geschehen, sind Ausdruck einer tiefen Krise. Die Rekordernte und einige weitere gute Aspekte der Konjunktur, sowie die leichte Verbesserung, die einzelne Daten vom Januar und Februar gegenüber dem letzten Bimester 2018 aufweisen, gleichen die negativen Erscheinungen nicht entfernt aus.

Präsident Mauricio Macri betont die positiven Aspekte der Konjunktur, und wiederholt dabei die These, dass dies der richtige Weg sei, um einem langfristigen Wachstum eine solide Grundlage zu geben. Und Cristine Lagarde, die Generaldirektorin des Internationalen Währungsfonds, unterstützt ihn in dieser Interpretation der Gegenwart, was auch nicht anders sein kann, nachdem der Fonds die gegenwärtige Wirtschaftspolitik in wesentlichen Aspekten bestimmt hat. Es ist verständlich, dass der Präsident sich bemüht, Optimismus und Hoffnung zu verbreiten, und auch, dass ihm Frau Lagarde dabei hilft. Aber das genügt nicht.

In der Tat fehlt ein wirtschaftspolitisches Gesamtkonzept, das klar erklärt wird, und das empfindet auch die Unternehmerwelt. Viele von denen, die Macri am Anfang entschieden unterstützt haben, sind jetzt enttäuscht. “Es gibt keine guten Winde für ein Segelboot, das keine Richtung hat.” Das ist so ungefähr, was viele empfinden, wenn auf die zahlreichen positiven Erscheinungen hingewiesen wird, die nach und nach auftreten.

Allein, auch die Opposition und die unabhängigen Wirtschaftler, die stets öffentlich auftreten, bieten keine Lösung. Dass der ehemalige Wirtschaftsminister (2002/06), Roberto Lavagna, der eventuell als Präsidentschaftskandidat für den nicht-kirchneristischen Peronismus auftritt, davon spricht, dass das Konzept der Anpassung (“ajuste”) vom Konzept des Wachstums ersetzt werden müsse, ist nichts anderes als eine leere Floskel. Die Anpassung bedeutet nur, dass der Staat nicht mehr ausgeben kann, als er einnimmt, weil ihm niemand einen Fehlbetrag finanziert, und eine Finanzierung mit Geldschöpfung sehr gefährlich wäre. Wie denkt sich Lavagna eine Lösung für dieses Problem aus? Der angesehene Wirtschaftler Miguel Angel Broda sagte, er sei mit Domingo Cavallo, Ricardo López Murphy und Guillermo Calvo zusammengekommen, alle hervorragende Ökonomen, um ein Wirtschaftsprogramm auszuarbeiten. López Murphy stellte danach in einem Fernsehgespräch klar, dass es vorerst nur darum ginge, die Grundlagen für ein Programm aufzustellen. Er will sich offensichtlich nicht auf konkrete Maßnahmen festlegen. Und seine Kollegen auch nicht.

Was man in letzter Zeit bei vielen Oppositionspolitikern merkt, ist dass sie einen vorsichtigeren Ton angeschlagen haben. Denn sie wissen, dass sie im Fall einer Regierungsübernahme im Dezember dieses Jahres, also in knapp 8 Monaten, vor einem schwierigen Problem stehen, für das das sie keine einfache Lösung sehen. Hier zeigt sich erneut, wie recht der ehemalige UCR-Deputierte Raul Baglini hatte, als er sagte, die Politiker würden realistischer, wenn sie vor der Möglichkeit einer Machtübernahme stehen.

Die Regierung will jetzt einmal niedrigere Inflationsraten erreichen, Kursschwankungen vermeiden und einen spürbaren Konjunkturaufschwung im zweiten Halbjahr 2019 erreichen. Einzelne Maßnahmen, die getroffen werden, um bestimmte Ziele zu erreichen, wirken negativ bei anderen. Und andere wirken eventuell kurzfristig positiv, aber langfristig negativ. Hier stellt sich in erster Linie die Wechselkurspolitik. Die ZB hat jetzt die monatliche Zunahme der Interventionsgrenzen von 3% im Oktober 2018 und 2% im ersten Quartal 2019 auf 1,75% verringert. Wenn die Inflation weiter über 3% liegt, und auf alle Fälle nicht unter 2% monatlich liegen wird, dann bedeutet das, das der Wechselkurs erneut zurückbleibt, was im Rahmen eines langfristigen Konzeptes nicht sein sollte.

Auf der anderen Seite hat die Regierung die monetäre Politik verhärtet. Die ZB-Führung betont die Einhaltung des Zieles, das die monetäre Basis nicht zunimmt, und weist darauf hin, dass sie dies bisher eingehalten hat. Jetzt hat sie die Nullexpansion der Geldschöpfung, die vorerst bis Ende Juni galt, bis Ende 2019 verlängert. Bei der bestehenden hohen Inflation bedeutet dies, dass die Geldversorgung immer knapper wird, was rezessiv wirkt. Beiläufig sei bemerkt, dass die monetäre Politik bisher wenig erfolgreich bei der Eindämmung der Inflation war. Bei einer Preiszunahme von 51,3% in 12 Monaten zum Februar 2019, nahm die monetäre Basis in der gleichen Periode nur um 30% zu. Die Inflation ist, ganz besonders in Argentinien, ein viel komplexeres Problem, bei dem man die Kostenzunahmen, den Einfluss des Wechselkurses und die Änderung der relativen Preise besonders berücksichtigen muss.

Auf der anderen Seite werden Sonderkredite angekündigt, einer nach dem anderen, und es wird auch mehr ausgegeben, als vorgesehen war. All das widerspricht dem monetären Ziel der ZB. Was die einzelnen Kreditprogramme betrifft, so fragt man sich, ob dabei die gesamte Kreditmasse zumindest mit der Inflation Schritt halten wird. Denn gegenwärtig nehmen die gesamten Pesokredite in 12 Monaten um 10% zu, bei einer Inflation, die fünf Mal so hoch ist. Bei einer höheren Kreditexpansion lässt sich das monetäre Ziel nicht einhalten.

Zurück zur Krise. Was besondere Verwirrung verursacht, ist die Vermischung der rein konjunkturellen Faktoren mit den strukturellen. Bei den ersten geht es um die Inflation, den Wechselkurs, die monetäre Politik, und weitere Faktoren, die sofort wirken. Bei den strukturellen geht es in erster Linie um den zu großen und untragbar teuren Staat, was zu einem Steuerdruck führt, den die Wirtschaft mit Mühe erträgt, der wachstumshemmend wirkt und die Rezession verschärft. Die Staatsproblematik ist vielfältig und stellt zahlreiche Einzelprobleme. Weder in der Regierung, noch in der Opposition, noch bei den Fachwirtschaftlern, kommen konkrete Lösungsvorschläge auf. Bisher ist die Regierung vornehmlich mit Senkung des Reallohnes bei Staatsangestellten und starker Verringerung der Infrastrukturinvestitionen an das Problem herangegangen. Und dann kommt noch, als zweites strukturelles Problem, die Arbeitsgesetzgebung hinzu, was auch mit der übertriebenen Macht der Gewerkschaften zusammenhängt. Dies schließt an erster Stelle die Lohnverhandlungen ein, die in Zulagen ausarten, die auf die Preise abgewältzt werden und die Inflation von der Kostenseite anspornen. Wenn dies durch die harte monetäre Politik gebremst werden soll, dann muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass die Wirkung erst eintritt, wenn die Rezession so weit geht, dass die Unternehmer eben nichts geben können, und die Gewerkschaften sich dieser harten Realität beugen. Das geschieht jetzt schon in Einzelfällen, wobei aber in anderen hohe Zulagen gewährt werden, die schließlich doch eine allgemeine Spätwirkung haben werden. Hier fehlt eine Rahmenordnung, die jedoch nicht einmal zur Diskussion steht. Und dann gibt es bei der Arbeitsgesetzgebung noch eine Unmenge anderer Probleme, die wir mehrmals an dieser Stelle erläutert haben.

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