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Abtreibungsdebatte in den USA

Durchgestochener Gerichtsentwurf sorgt für Proteste

Abtreibungsdebatte
„Mein Körper, meine Entscheidung“: Demonstrantinnen vor dem Obersten Gerichtshof der USA in Washington. (Foto: dpa)

Washington (dpa/wvg) - Aus Sorge vor weitreichenden Einschränkungen des Rechts auf Abtreibung sind in mehreren Städten der USA Tausende Menschen auf die Straße gegangen. In Los Angeles kam es am späten Dienstagabend zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Ein Beamter sei verletzt worden, hieß es. Auch in anderen Städten gab es Proteste. Im Bundesstaat Oklahoma unterzeichnete der republikanische Gouverneur derweil ein Gesetz zur drastischen Verschärfung der Abtreibungsregelungen.

Am Montagabend hatte das Magazin „Politico“ den Entwurf einer Urteilsbegründung des Obersten US-Gerichts veröffentlicht, wonach das liberale Abtreibungsrecht in den Vereinigten Staaten nach fast einem halben Jahrhundert gekippt werden soll. Der Supreme Court bestätigte zwar die Echtheit des Entwurfs, betonte aber, dass es sich weder um die endgültige Entscheidung noch um die endgültige Position irgendeines Richters handele.

Mit der Entscheidung wird binnen zwei Monaten gerechnet. Wegen der Veröffentlichung leitete die Justiz eine Untersuchung ein. „Dies war ein einzigartiger und ungeheuerlicher Vertrauensbruch, der einen Affront gegen den Gerichtshof und die hier arbeitenden Staatsdiener darstellt“, kritisierte der Vorsitzende Richter John Roberts.

Es gibt in den USA kein landesweites Gesetz, das Abtreibungen erlaubt oder verbietet. Abtreibungen sind aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt - heute etwa bis zur 24. Woche. Grundlage dafür ist ein Urteil aus dem Jahr 1973, das als „Roe gegen Wade“ bekannt ist. Kippt der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme Court die Rechtsprechung, wäre der Weg endgültig frei für schärfere Abtreibungsgesetze, bis hin zu Komplettverboten in einzelnen Staaten.

Das Abtreibungsrecht ist in den USA immer wieder Thema heftiger Auseinandersetzungen. Konservative Politiker versuchen seit langem, das Grundsatzurteil von 1973 zu kippen. Bidens Vorgänger Donald Trump und die Republikaner im Senat konnten während seiner Amtszeit drei Richter am Supreme Court platzieren, weswegen momentan sechs der neun Richter als konservativ gelten.

Die Veröffentlichung des vertraulichen Papiers löste in der Regierung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden und in liberalen Teilen der Bevölkerung Empörung aus. Die Demokraten schrieben in einer Mail an Unterstützer, bei der Kongresswahl im November gehe es auch um das Abtreibungsrecht. Die Partei warb um Spenden. Umfragen zufolge laufen die Demokraten Gefahr, ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat zu verlieren. Das Thema Abtreibung könnte ihnen helfen, Anhänger zu mobilisieren.

Inmitten der hitzigen Debatte unterzeichnete Oklahomas Gouverneur Kevin Stitt ein Gesetz zur drastischen Verschärfung der Regelungen in seinem Bundesstaat. Es verbietet Schwangerschaftsabbrüche, sobald ein Arzt bei einem Embryo oder Fötus den Herzschlag feststellen kann. Das kann bereits nach rund sechs Wochen sein, wenn manche Frauen noch nicht einmal wissen, dass sie schwanger sind.


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