top of page
  • Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

100 Jahre YPF: die konfliktive Geschichte der Erdölwirtschaft

Von Juan E. Alemann


Am 2. Juni 1922, als der Radikale Hipólito Yrigoyen Präsident war, wurde Yacimientos Petroliferos Fiscales (YPF) als staatliche Abteilung auf Initiative von General Enrique Mosconi gegründet, der sich auch danach intensiv für das Unternehmen einsetzte, was ihm bis heute anerkannt wird. YPF sollte sich mit der Ausbeutung von Erdöllagern, zunächst in Comodoro Rivadavia, Provinz Chubut, befassen. Dieses Lager, und eventuell auch andere, die später entdeckt wurden, weckten kein Interesse bei den großen Erdölunternehmen Shell und Standard Oil, weil damals Saudi-Arabien sehr billiges Erdöl lieferte. Die lokale Produktion war nicht konkurrenzfähig, und es gab auch keinen Zollschutz oder andere Schutzmaßnahmen. Erst als YPF die Erdölförderung aufnahm, wurde eine Präferenz eingeführt. YPF wurde dann in den folgenden Jahrzehnten als integrales Unternehmen aufgebaut, mit Raffinerien und eigenen Tankstellen. Später kam dann die Ausbeutung der Erdöllager in Santa Cruz, Neuquén, Mendoza und Jujuy hinzu. YPF erhielt dabei Monopolcharakter, und abgesehen von einem Privatunternehmen, das eine Konzession für Ausbeutung hatte, wurden keine weiteren für diese Tätigkeit zugelassen. Shell und Esso (Standard Oil) betrieben nur Raffinerien und Tankstellen, und befassten sich mit Import von Erdöl und Erdölderivaten.

Als später YPF den zunehmenden Konsum von Benzin, Dieselöl, Kerosin und Schmierstoffen nicht voll decken konnte, musste zunehmend importiert werden, was die Zahlungsbilanz stark belastete. Da YPF weder die finanziellen Mittel, noch die unternehmerische Struktur hatte, um die Erdölproduktion kurzfristig zu erhöhen und den Import zu ersetzen, kam der Gedanke auf, private Unternehmen für diesen Zweck zuzulassen. YPF hatte inzwischen Lager in verschiedenen Orten des Landes entdeckt, konnte sie jedoch nicht alle ausbeuten.


Die schwierige Zulassung privater Unternehmen

1954 beschloss der damalige Präsident Juan Domingo Perón, der Standard Oil (von der Familie Rockefelller) eine Konzession für die Ausbeutung von Erdöl in der Provinz Santa Cruz zu erteilen. Es wurde mit einer Tochtergesellschaft der Standard Oil, California Argentina, verhandelt. Der Vertrag wäre heute normal, auch wenn der Umfang, nämlich das ganze Gebiet der Provinz Santa Cruz, anormal groß gewesen wäre. Doch Konzessionen waren damals verpönt, und Perón konnte sich bei seinen eigenen Leuten nicht durchsetzen, geschweige denn bei der Opposition.

Das Thema wurde dann unter der Regierung von Pedro Eugenio Aramburu (1955 bis 1958) diskutiert, besonders als 1957 Wahlen einberufen wurden. Der liberale Politiker Alvaro Alsogaray machte dies bei seiner Partei “Partido Cívico independiente”, die er damals gegründet hatte, zu einem der Hauptthemen, mit dem Spruch “das Erdöl soll die Krise bezahlen”. Die Wahlen von 1958 gewann schließlich Arturo Frondizi, der einen Teil der gespaltenen radikalen Partei leitete (UCRI, Unión cívica radical intransigente).

Frondizi ging sofort an das Erdölproblem heran, vermied es jedoch Konzessionen zu vergeben. Da es zunächst nicht um Forschung ging, sondern um Ausbeutung bestehender Lager, verpflichtete er private (ausländische) Erdölunternehmen, um bestimmte Lager auszubeuten und das Erdöl an YPF zu liefern. Er hielt auf diese Weise auch sein Wahlversprechen, dass er YPF stärken würde. Die Strategie war erfolgreich, und YPF erhielt mehr Rohöl für seine Raffinerien, und konnte den Tankstellen die notwendigen Brennstoffe liefern. Im Jahr 1961 konnte dabei die angepeilte Selbstversorgung erreicht werden, ein großer Triumph für Frondizi.

Doch die Opposition, damals der andere Teil der UCR, die zur Differenzierung den Zusatz “del pueblo” nahm, kritisierte diese Verträge sehr stark. Der Peronismus, also die Justizialistische Partei, war damals verboten. Als die UCR del pueblo dann 1963 mit Arturo Illia als Präsidenten an die Regierung kam, erfüllte sie ihr Wahlversprechen und annullierte die Verträge, was rechtmäßig eine komplizierte Lage schuf. Der damalige YPF-Präsident Facundo Suarez, bemerkte, dass die Annullierung ein enormes Problem für YPF schaffen würde, und ließ es somit beim “statu quo” bewenden. Die Unternehmen, die für Erdölförderung verpflichtet waren, lieferten weiter Erdöl an YPF, aber investierten nicht weiter.

Als 1966 Illia durch eine Militärrevolution abgesetzt wurde, und General Juan Carlos Onganía Präsident wurde, wurden die ursprünglichen Erdölverträge wieder in Kraft gesetzt. Doch dann kam das Problem auf, dass es nicht ausreichte, bestehende Lager auszubeuten, sondern geforscht werden musste, um neue Lager zu erschließen. In diesem Fall gab es jedoch ein Bergbaurisiko, da man nie sicher ist, ob man auf ein Lager stößt, und wie groß es ist. Nach langem hin und her wurden die Verträge schließlich in Konzessionen umgewandelt, was jedoch erst ab 1976, unter der letzten Militärregierung systematisch durchgeführt wurde.

Schließlich endete der legale Rahmen unter Menem in einem System, bei dem die Provinzen die Konzessionen erteilen und eine Gebühr kassieren. Dabei ist YPF ein Konzessionär wie andere Unternehmen, mit einer landesweiten Beteiligung an der Erdöl- und Gasförderung von über 50%. Beiläufig sei bemerkt, dass die Gasausbeutung lange nach der Erdölausbeutung einsetzte, und viel später entdeckt wurde, dass Argentinien über bedeutende Gaslager verfügte, das größte in Loma de la Lata, Provinz Neuquén, das 1977 entdeckt wurde. Ende des vorigen Jahrhunderts wurde das Schieferöl- und Gaslager Vaca Muerta entdeckt, das Argentinien einen neuen Horizont bietet. YPF war sehr aktiv bei der Erschließung dieses Lagers, die hohe Investitionen und eine völlig neue Technologie erforderte.


Privatisierung, Verkauf an Repsol und Rückverstaatlichung

YPF wurde 1993 von Präsident Carlos Menem privatisiert. Diese Privatisierung war anders als die anderer Staatsunternehmen, und wurde von José Estenssoro als YPF-Präsident ausgedacht und vollzogen. Die Aktien wurden an den Börsen von Buenos Aires von New York untergebracht, und ein Kontrollpaket verblieb in argentinischen Händen, kontrolliert von Estenssoro. Der Staat behielt eine Aktie mit Vetorecht.

Schon vor der Privatisierung führte Estenssoro eine brutale Rationalisierung durch. Die Belegschaft wurde von 52.000 Personen auf 6.000 verringert, bei gleichzeitiger Erhöhung der Produktion. Für die sogenannte “tertiäre” Ausbeutung von Erdöllagern, bei der es um Restbestände geht, verpflichtete Estenssoro Unternehmen, die diese Technologie beherrschten. Das führe zu einem Sprung bei der Erdölproduktion von YPF, was auch zu großem Interesse für YPF-Aktien führte. Die Belegschaft wurde dann als Folge der Produktionserhöhung und der Übernahme eines petrochemischen Unternehmens auf bis zu 10.000 Personen erhöht. Beiläufig wurde der Name des Unternehmens von Yacimientos Petrolíferos Fiscales auf YPF geändert. Denn “fiscal” bedeutet staatlich, und das war das Unternehmen nicht mehr.

YPF begann damals auch, sich im Ausland für Erdölförderung zu engagieren, und übernahm dabei auch die US-Firma Maxus. Doch dann starb Estenssoro 1995 bei einem Flugunfall in Ecuador, und der unternehmerische Schwung, der ihn kennzeichnete, hörte auf.

1998 wurde YPF an die spanische Repsol verkauft. Diese Firma machte eine Offerte zu einem hohen Preis, den alle Aktionäre annahmen. Insgesamt zahlte Repsol u$s 15 Mrd. Für Repsol war dieser Kauf ein qualitativer Sprung. In Spanien war die Firma nur im Downstream (Raffinerie und Vertrieb) tätig, und mit dem Kauf von YPF erhielt sie auch die Technologie des “Downstreams” (Forschung und Förderung). Nachdem Repsol diese Technologie übernommen hat (angeblich auch mit Übertragung von YPF-Fachleuten), und Beteiligungen von YPF an Auslandsprojekten auf Repsol übertragen hatte, hatte die Firma kein Interesse mehr an YPF. Denn das Unternehmen war so stark an politische Regierungsentscheidungen gebunden, die sich besonders auf staatlich festgesetzte Preise für Benzin und Dieselöl bezogen, dass es für Repsol nicht mehr interessant war.

Somit schenkte Repsol 25% des Kapitals von YPF an Sebastián Eskenazi. Formell war es so, dass er das Aktienpaket mit einem von Repsol garantierten Kredit kaufte, der mit Bardividenden von YPF amortisiert werden sollte. Eskenazi zahlte keinen Cent aus seiner Tasche. Er war ein Strohmann von Néstor Kirchner, der mit diesem “Schmiergeld” von Repsol, der spanischen Firma erlaubte, YPF auszuhöhlen u.a. durch Auszahlung des ganzen Buchgewinnes von YPF in Bardividenden, bei gleichzeitiger Verschuldung von YPF. Die Ezkenazi-Aktien wurden ihrem Petersen-Fonds einverleibt, der seinen Sitz in Spanien hatte und später in Konkurs geriet. Den Konkurs kaufte der Geierfonds Burford vor einigen Jahren, der jetzt einen Prozess gegen den argentinischen Staat eingeleitet hat. Er fordert, dass die argentinische Regierung auch das Eskenazi-Aktienpaket zum gleichen Preis kauft, den der Staat Repsol gezahlt hat. YPF kotiert an der Börse von New York, deren Statuten vorsehen, dass bei einem Verkauf eines Mehrheitspaketes allen Aktionären der gleiche Preis angeboten werden muss. Und das ist eben nicht geschehen.

2012 beschloss die Regierung von Cristina Kirchner die Übernahme der Kapitalmehrheit von YPF durch den Staat. Der damalige Wirtschaftsminister Axel Kicillof erklärte zunächst, der Staat brauche nichts zu zahlen, weil Repsol das eingesetzte Kapital schon mit Manövern zurückgezogen habe, zahlte dann jedoch zunächst u$s 5 Mrd. und verpflichtete den Staat zur Zahlung einer noch einmal so hohen Summe für 51% des Kapitals. Heute hat ganz YPF einen Börsenwert, gemäß dem Preis, zu dem die Aktien in New York gehandelt werden, von u$s 1,7 Mrd. Nach der staatlichen Übernahme wurde die Belegschaft verdoppelt, auf ca. 20.000 Personen, und die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens nahm stark ab.

YPF ist jetzt eine normale Aktiengesellschaft, die vom Staat mit einem Kontrollpaket des Kapitals kontrolliert wird. Diese Mischung von Staatsunternehmen und Privatunternehmen ist konfliktiv, da die Interessen des Staates und der privaten Aktionäre unterschiedlich sind. YPF ist jetzt hochverschuldet, und die Aktien werden zu einem Schleuderpreis gehandelt, so dass ein großes finanzielles Problem besteht. Dennoch kündigt YPF an, den Expansionskurs der letzten Jahre fortzusetzen und hohe Investitionen in Angriff zu nehmen. Schließlich wird der Staat Kapital beitragen müssen, was die Staatskasse in einem kritischen Moment stark belastet. Ohne dies müsste YPF Aktiven verkaufen und Verbindungen mit Privatunternehmen eingehen, die frisches Kapital beisteuern.



1 visualización
bottom of page