Gustavo Petro gewinnt Präsidentenwahl
Bogotá (dpa/wvg) - Erstmals in der jüngeren Geschichte Kolumbiens hat ein Linker die Präsidentenwahl in Kolumbien gewonnen. Der ehemalige Guerrillero und Ex-Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá, Gustavo Petro, kam nach der vorläufigen Auszählung auf 50,4 Prozent der Stimmen. Der Immobilien-Unternehmer Rodolfo Hernández erhielt bei der Stichwahl demnach 47,3 Prozent. „Wir schreiben eine neue Geschichte für Kolumbien, für Lateinamerika und die Welt“, sagte Petro am Sonntag vor seinen Anhängern. „Was jetzt kommt, ist ein echter Wandel.“
In seiner Siegesrede warb Petro für Konsens und bemühte sich, Befürchtungen über einen harten Linksruck zu zerstreuen. „Ich sage offen, wir werden den Kapitalismus entwickeln. Nicht weil wir ihn lieben, sondern weil wir erstmal die vormodernen Strukturen überwinden müssen, den Feudalismus, die neue Sklaverei“, sagte der Volkswirt und ehemalige Abgeordnete und Diplomat.
An Petros Seite wird mit der designierten Vizepräsidentin Francia Márquez die erste afro-kolumbianische Frau mit an die Staatsspitze rücken. Die Menschenrechtsaktivistin und Umweltschützerin kämpfte in der von der Gewalt besonders betroffenen Region Cauca gegen illegale Goldsuche und wurde mehrmals bedroht. 2018 erhielt sie für ihren Einsatz den renommierten Goldman-Preis.
Der amtierende konservative Präsident Iván Duque gratulierte seinem künftigen Nachfolger am Telefon. Auf Twitter kündigte er zudem einen „harmonischen, institutionellen und transparenten Übergang“ an. Auch der unterlegene Kandidat räumte seine Niederlage ein. „Die Mehrheit der Bürger, die heute abgestimmt haben, haben den anderen Kandidaten gewählt“, sagte Hernández in einer Videobotschaft. „Ich akzeptiere das Ergebnis.“
Aus Argentinien gingen ebenfalls Glückwünsche nach Bogotá. Präsident Alberto Fernández und Vizepräsidentin Cristina Kirchner gratulierten Petro noch am Wahlsonntag über Twitter. Cristina schrieb, sie habe Petro zudem direkt nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse per Telefon beglückwünscht.
Petro will nach eigenen Worten das Land befrieden, die Ausbeutung von Rohstoffen bremsen, den Tourismus fördern und Unternehmen stärker besteuern. Das könnte auch Folgen für Deutschland haben, das aufgrund der Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs künftig mehr Kohle aus Kolumbien importieren will.
In den 1980er Jahren gehörte Petro zur Rebellenorganisation M-19 und saß wegen unerlaubten Waffenbesitzes zwei Jahre im Gefängnis. An der blutigen Besetzung des Justizpalastes durch M-19 Mitglieder im Jahr 1985 war er eigenen Angaben zufolge aber nicht beteiligt. Bereits am Montag bot die in Kolumbien weiterhin aktive Guerrillaorganisation ELN im Zuge des Wahlsiegs die Wiederaufnahme der 2019 abgebrochenen Friedensgespräche an.
Politische Beobachter sehen im Wahlsieg des linken Duos eine weitere Bestätigung des Trends hin zu linken Regierungen in der Region. Erst im März hatte der einstige linke Studentenführer Gabriel Boric die Präsidentenwahl in Chile gewonnen. Im Juli vergangenen Jahres wurde mit Pedro Castillo in Peru ebenfalls ein linksgerichteter Präsident vereidigt.
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