Roberto Lavagna positioniert sich gegen Macri und Kirchner
Von Marcus Christoph
Buenos Aires (AT) - Als gemäßigte Alternative zu „den zwei Extremen, die die argentinische Politik in den letzten acht Jahren bestimmt haben“, sieht sich Roberto Lavagna. Der ehemalige Wirtschaftsminister nimmt dabei Bezug auf den amtierenden Präsidenten Mauricio Macri und seine Amtsvorgängerin Cristina Fernández de Kirchner, die das Land polarisierten: „Ich denke, dass die extremen Positionen zu keinen guten Ergebnissen führen.“
Lavagna gilt derzeit als möglicher Kandidat des gemäßigten peronistischen Lagers für die Präsidentschaftswahlen im Oktober dieses Jahres. Vor wenigen Tagen stellte sich der mittlerweile 77-Jährige den Fragen der Vereinigung ausländischer Korrespondenten (ACE).
Dabei vermied der Finanzexperte jedoch weiterhin eine klare Ankündigung, ob er sich tatsächlich nach 2007 ein zweites Mal um das höchste Staatsamt bewerben werde. Bislang hatte er zur Bedingung gemacht, sich keiner Vorwahl innerhalb seines politischen Spektrums stellen zu müssen.
Auch diesmal warb er für ein möglichst breites Bündnis, dass auch Rivalen wie Sergio Massa, den einstigen Kabinettschef von Cristina Kirchner, sowie Saltas Gouverneur Juan Manuel Urtubey mit einschließen solle: „Die Idee ist, auch diese Bereiche des Peronismus‘ zu integrieren.“
Eine ideale Allianz müsste zudem Teile der Radikalen Bürger Union (UCR), der Sozialistischen Partei oder anderer progressiver Kräfte wie der GEN-Partei von Margarita Stolbizer umfassen. Auch Vertreter der Bürgergesellschaft, der Gewerkschaften und des Kulturbereichs müssten mitmachen, so Lavagna, der sich als Konsenskandidat verschiedener gemäßigter Kräfte profilieren will.
Der einstige Minister (2002 bis 2005) führte aus, dass die Wirtschaftspolitik von Präsident Macri praktisch gescheitert sei. In drei der bislang dreieinhalb Regierungsjahren sei die Wirtschaftsbilanz des Landes negativ gewesen. Lavagna kritisierte zudem das Modell der Sozialkürzungen, die durch die Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) erzwungen werde. Das Kreditabkommen, das die Regierung im vorigen Jahr mit der UN-Sonderorganisation geschlossen hat, müsse unbedingt nachgebessert werden. Auf der anderen Seite sprach sich Lavagna aber auch gegen die „willkürliche Interventionspolitik“ der Kirchner-Regierungen aus.
Sich selbst bezeichnete der Polit-Veteran als Vertreter der progressiven Mitte: „Ich betone progressiv, weil manchmal das Wort ‚Mitte‘ mit einer gewissen Unbeweglichkeit gleichgesetzt wird“, so Lavagna, der sich als Sozialdemokrat definiert.
Um die gegenwärtige Krise zu überwinden, sei es wichtig, alle Ressourcen des Landes zu mobilisieren. Als positives Beispiel in diesem Sinne nannte er die Ölschiefer-Lagerstätte Vaca Muerta in Neuquén. Dort seien Arbeitsregelungen gefunden worden, die allen nützten: „Alle Seiten haben sich bewegt und nicht stur an ihren Positionen festgehalten.“ Unternehmer wie Arbeitnehmer müssten beide bereit sein für Flexibilisierungen.
Außenpolitisch priorisiert Lavagna die Beziehungen zu Ländern der Region: Den Partnern im Mercosur, Chile und der Pazifischen Allianz. Er schloss sich des Weiteren der kritischen Position an, die die Vereinigung der Amerikanischen Staaten (OEA) gegenüber Nicolás Maduro, dem sozialistischen Staatschef von Venezuela, einnimmt.
Mit Blick auf die aktuellen Umfragen räumte Lavagna ein, dass der gemäßigte Peronismus derzeit lediglich auf Platz drei hinter „Cambiemos“ und dem Kirchner-Lager rangiere. Er hob aber hervor, dass es in einer möglichen Stichwahl gegen einen der beiden Konkurrenten durchaus Chancen gebe. Gleichzeitig relativierte er: „Ich nehme die Umfragen nicht allzu ernst.“
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