Thyssenkrupp hat den Abschied vom Stahl abgeblasen - zumindest vorerst. Nach dem Ende der Gespräche über einen Verkauf der Stahlsparte an den Konkurrenten Liberty Steel will der Essener Industriekonzern seinen Traditionskern jetzt im Alleingang sanieren. Thyssenkrupp und Liberty waren sich nicht über den Kaufpreis für das riesige Stahlwerk in Duisburg und die anderen Standorte einig geworden. Deshalb hatten die Essener die Gespräche am Mittwochabend abgebrochen. Bisher hat das Unternehmen mit den Arbeitnehmervertretern den sozialverträglichen Abbau von 3000 Stellen vereinbart. Dass es nicht dabei bleiben könne, machen die Thyssenkrupp-Manager seit Tagen deutlich. Überkapazitäten auf dem Weltmarkt, Umsatzeinbrüche durch Corona - und ein immens teurer Umbau der Produktion für den Klimaschutz: Thyssenkrupp steht wie die gesamte europäische Stahlindustrie erheblich unter Druck. Deshalb verhandeln die Unternehmen seit langem und immer wieder über Fusionen und Kooperationen. Vor zwei Jahren hatte die EU mit aus Sicht von Thyssenkrupp zu hohen Auflagen die bereits vereinbarte Fusion der Essener mit dem Konkurrenten Tata Steel gestoppt. Vor wenigen Wochen platzen die Gespräche zwischen dem schwedischen Stahlkonzern SSAB und Tata über den Verkauf des Tata-Werks in den Niederlanden
Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hat mit der Absage an Liberty nach dem Verkauf des Aufzugsgeschäfts für mehr als E 17 Mrd. das zweite Ausrufezeichen beim Konzernumbau gesetzt. Zur Hilfe dürfte ihr dabei die wieder anziehende Stahlkonjunktur gekommen sein. Thyssenkrupp hatte beim Start ins laufende Geschäftsjahr wieder schwarze Zahlen geschrieben. Stahlverarbeiter klagen bereits über ausbleibende Lieferungen und «Extrempreisen».
Nach der Absage an den Verkauf verfolgt Merz jetzt zwei Optionen. Entweder der Stahl bleibt Teil des Konzerns, oder er wird ausgegliedert und kommt an die Börse. Dann könnten auch Konkurrenten als Partner wieder ins Spiel kommen.
Die IG Metall hätte bisher gerne den Staat als Teilhaber dabei gehabt. Am Donnerstag tauchte diese Forderung in ihren Stellungnahmen so nicht mehr auf. Stattdessen hieß es, bei Thyssenkrupp werde es «ohne ein substanzielles Engagement des Staates im Sinne einer Brückenfinanzierung nicht gehen». Nötig sei «ein klares Bekenntnis von Seiten des Landes NRW oder des Bundes für die Zukunft des Stahls», sagte Jürgen Kerner, für die Gewerkschaft Aufsichtsratsvize bei Thyssenkrupp.
Die Antwort von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart dürfte die Gewerkschaft nicht so recht zufrieden stellen. «Die Landesregierung wird sich nach Kräften weiter für beste Rahmenbedingungen einsetzen, damit die Transformation der Stahlindustrie am Standort Nordrhein-Westfalen gelingt», sagte der FDP-Politiker. (dpa)
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