Von Juan E. Alemann
Während die Sowjetunion Weizen in großen Mengen importierte, ist Russland jetzt zu einem großen Weizenexporteur aufgestiegen. Hinzu kommen noch Exporte der Ukraine u.a. Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die jetzt auch exportieren. Dieser Wandel erfolgte schon bevor der Klimawandel, mit Zunahme der Temparatur des Planeten Erde, spürbar aufgetreten ist. Es war eine direkte Folge des Übergangs von staatlicher auf private Verwaltung. Der Staat hatte bei der Landwirtschaft noch viel mehr als bei der Industrie versagt. Die Privatisierung der Landwirtschaft hat ein wahres Wunder vollbracht.
Für Argentinien war es in der Nachkriegszeit und lange danach nicht einfach den Weizen auf der Welt unterzubringen. Europa war gesperrt, und die USA konkurrierten mit eigenen Überschüssen auf dem Weltmarkt, die sie gelegentlich sogar großzügig finanzierten. Die Sowjetunion, als großer Importeur, hat das Problem gelöst. Das hat beiläufig auch dazu geführt, dass die Sowjetunion eine wohlwollende Haltung gegenüber der argentinischen Militärregierung (1976/83) hatte. Realpolitik stand vor Ideologie. Damals wies die sowjetische Führung die von ihr beherrschte argentinische kommunistische Partei an, sich nicht am Terrorismus der Montoneros und des ERP zu beteiligen. Wer seine Parteikarte vorwies, wurde von den Militärs nicht belästigt. Argentinien hat diesen guten Kunden für Weizen auch gepflegt, und sich den Sanktionen der USA gegen die Sowjetunion wegen der Invasion von Afghanistan nicht angschlossen.
Inzwischen hat sich die Welt verändert, und China, Indonesien, Vietnam u.a. fernasiatische Länder sind als große Käufer von Weizen aufgetreten. Und jetzt ist ein neues Phänomen aufgetreten, auf das der Wirtschaftsexperte Jorge Castro in der Zeitung Clarín (2.1.22) hinweist: 140 Mio. Hektar, die bisher wegen extremer Kälte, mit Schnee und Eis, nicht für die Landwirtschaft verfügbar waren, haben jetzt ein milderes Klima, das die Aussaat von Getreide und Ölsaaten erlaubt. In der Praxis bezieht sich dies hauptsächich auf Weizen und Sonnenblume, aber auch auf Gerste, Roggen und Mais. Ebenfalls wird jetzt dort Rinderzucht, auch mit Milchkühen betrieben. Die 140 Mio. Hektar sind mehr als vier Mal so viel wie die gesamte Fläche, die in Argentinien für Getreide und Ölsaaten eingesetzt wird. Russland exportiert gegenwärtig die Hälfte seiner Weizenproduktion, und ist zum weltweit größten Weizenexporteur aufgestiegen. Die Nutzung der neu gewonnenen Landfläche im Norden des Landes hat erst begonnen, so dass noch mehr zu erwarten ist.
Auf dieser Grundage hat das internationale Amt für Landwirtschaft und Nahrungsmittel der UNO, die FAO, geschätzt, dass die russische Produktion von landwirtschaftlichen Nahrungsmitteln binnen 10 Jahren um 40% zunehmen könnte. Das kommt sehr gelegen, weil die FAO ebenfalls schätzt, dass die Nachfrage nach diesen Produkten sich in einem Jahrzehnt etwa verdoppeln werde. Außerdem sind schon jetzt mehrere Milliarden Menschen unterernährt, so dass Bemühungen zur Behebung dieses Zustandes auch mit einem höheren Bedarf an Nahrungsmitteln verbunden sind.
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