Zweite Corona-Welle / Experten schlagen Alarm
Buenos Aires (dpa/mc) - Zu Beginn des Herbstes hat die zweite Corona-Welle Argentinien hart getroffen: Mit 556 Toten innerhalb von 24 Stunden verzeichnete das Land Ende der Vorwoche einen traurigen Höchstwert an Covid-19-Opfern seit Beginn der Pandemie vor gut einem Jahr, wie das Gesundheitsministerium in Buenos Aires mitteilte. Zeitgleich wurden 27.884 Neuinfektionen gemeldet - einer der höchsten Werte seit März 2020. In den folgenden Tagen knickte die Kurve ab, blieb aber weiter auf hohem Niveau.
Insgesamt haben sich landesweit bis Mittwoch rund 2,91 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, fast 62.600 Patienten waren bis dahin im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Die meisten in der Metropolregion Buenos Aires (42.491).
Am Montag trafen Regierungsvertreter in der Casa Rosada mit führenden Epidemiologen und weiteren wissenschaftlichen Beratern zusammen. Diese äußerten vor allem ihre Besorgnis über die Auslastung des Gesundheitssystems und den Stress, dem die dort Bediensteten ausgesetzt sind. Die Experten beklagten einen Mangel an Intensivbetten und Probleme, ausreichend medizinischen Sauerstoff zu bekommen. Es fehle nicht mehr viel, und der Moment sei erreicht, an dem man entscheiden müsse, welche Patienten behandelt oder beatmet werden können. Sie rieten der Regierung, die Durchführung der bestehenden Corona-Maßnahmen strenger zu kontrollieren. Die Beteiligten verständigten sich darauf, weitere Daten zu sammeln, bevor Entscheidungen über die nächste Etappe der Corona-Bekämpfung getroffen werden.
Vor zwei Wochen hatte die Regierung auf Grundlage eines Präsidialdekrets wieder strenge Ausgangsbeschränkungen beschlossen. Im Großraum Buenos Aires gilt seitdem eine Ausgangssperre von 20 bis 6 Uhr. Alle sozialen, sportlichen, kulturellen und religiösen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sind untersagt. Schulen und Kindergärten sollten geschlossen bleiben. Die Frist läuft nun aber aus, sodass nun definiert werden muss, wie es im Mai weitergeht. Was den Streit um Schulschließungen zwischen den Regierungen von Nation und Hauptstadt betrifft (wir berichteten), wird eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs am heutigen Freitag erwartet.
Pandemisch scheint sich eine Entwicklung wie im vorigen Jahr abzuzeichnen. Damals erneuerte die Nationalregierung alle zwei bzw. drei Wochen ihre Maßnahmen. Am Ende stand einer der längsten Lockdowns weltweit. Erreicht wurde ein Zeitgewinn zum Ausbau der medizinischen Struktur. Allerdings breitete sich das Virus dennoch landesweit mit vielen Ansteckungen und Todesfällen aus.
Am Mittwoch traf Präsident Alberto Fernández mit der Hälfte der Gouverneure zu einem Online-Meeting zusammen. Dabei wurden die künftigen Maßnahmen besprochen. Erwartet wird eine allgemeine Verschärfung - wie etwa eine Ausdehnung der Ausgangsbeschränkungen im Großraum Buenos Aires von 18 Uhr bis 6 Uhr. Geschäfte sollen verstärkt auf Lieferservice und Straßenverkauf setzen. Demonstrationen sollen vermieden und der Zugang zur Hauptstadt stärker kontrolliert werden. Gleiches gilt für den öffentliche Nahverkehr, der nur von Angehörigen systemrelevanter Berufe genutzt werden soll. Es gibt Pläne für eine „Corona-Ampel“. Ein System, das verschiedene Risikostufen und dementsprechende Maßnahmen ausweist.
Eine Ankündigung des Präsidenten war gestern bis Redaktionsschluss noch nicht erfolgt. Der TV-Sender A24 berichtete, dass Fernández am heutigen Freitag eine Ankündigung für die kommenden 14 Tage machen werde.
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