Oberstes Gericht und Parlament machen Weg frei
Jerusalem (dpa) - Israel ist nach langem politischem Stillstand einer neuen Regierung einen entscheidenden Schritt näher gekommen. Eine Mehrheit von 72 der 120 Abgeordneten im Parlament empfahl am Donnerstag trotz einer Korruptionsanklage, Benjamin Netanjahu erneut mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Ein entsprechendes Dokument mit den Unterschriften sei im Amtssitz des Staatspräsidenten Reuven Rivlin übergeben worden, teilte ein Sprecher des Präsidenten mit. Rivlin habe vor, Netanjahu binnen zwei Tagen den Auftrag zu erteilen. Dieser hat dann zwei Wochen Zeit für die Regierungsbildung.
Das Parlament stimmte zuvor für eine wichtige Gesetzesänderung zur Bildung einer neuen Koalition. Die Abgeordneten machten eine Rotation im Amt des Ministerpräsidenten möglich - zwischen dem rechtskonservativen Netanjahu und seinem Rivalen Benny Gantz. Die beiden bisherigen heftigen Kontrahenten haben vereinbart, sich an der Spitze der Regierung abzuwechseln.
Nach einer bereits vorliegenden Vereinbarung soll Netanjahu von der Likud-Partei das Amt nach 18 Monaten im Oktober 2021 an Gantz abgeben, der vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß kommt. Beide sollen parallel vereidigt werden. Wer nicht Regierungschef ist, soll in der Zeit das neu geschaffene Amt des Vize-Ministerpräsidenten innehaben.
Am Mittwochabend hatte das Höchste Gericht in Jerusalem den Weg für die Regierungsbildung geebnet, indem es Petitionen gegen eine weitere Amtszeit Netanjahus sowie die Koalitionsvereinbarung zurückwies. Die Richter entschieden, dass es trotz einer Korruptionsanklage gegen Netanjahu „keinen juristischen Grund“ gebe, dagegen vorzugehen, dass ihm das Mandat zur Regierungsbildung erteilt werde.
Gantz hatte den Pakt mit Netanjahu, den er wegen der Korruptionsvorwürfe gegen den Likud-Chef lange verweigert hatte, vor allem mit der Corona-Krise begründet. Auch die strengreligiösen Parteien sowie die Arbeitspartei sollen Teil der neuen Regierung werden.
Israel hat binnen eines Jahres bereits drei Mal gewählt. Ein Patt zwischen dem rechts-religiösen und dem Mitte-Links-Block verhinderte lange eine Regierungsbildung. Netanjahus rechtskonservative Likud-Partei wurde bei der Wahl im März mit 36 von 120 Mandaten die stärkste Fraktion im Parlament.
Umschuldungsverhandlung in der letzten Runde
Von Juan E. Alemann
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