Mindestens 289 Milliarden Euro zum Weltkrieg-Jahrestag gefordert
Athen/Berlin (dpa) - 80 Jahre nach dem deutschen Angriff auf Griechenland im Zweiten Weltkrieg hat die Regierung in Athen ihre Forderung nach Verhandlungen über Reparationen für die verursachten Kriegsschäden bekräftigt. Kurz zum Jahrestag am Dienstag erklärte das Außenministerium, dass die Frage der Entschädigung aus griechischer Sicht weiterhin offen sei. „Die Frage bleibt offen bis zur Erfüllung unserer Forderungen. Diese Forderungen sind gültig und aktiv und sie werden mit jedem Mittel geltend gemacht“, sagte Ministeriumssprecher Alexandros Papaioannou der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage. „Verhandlungen würden sehr positiv zur weiteren Förderung der griechisch-deutschen Beziehungen beitragen.“
Griechenland hatte Deutschland im Juni 2019 - damals noch unter dem linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras - zu Verhandlungen über Reparationen aufgefordert. Im Oktober wurde diese Forderung von deutscher Seite zurückgewiesen. Anschließend bekräftigte auch die Regierung des heutigen konservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis im Januar 2020 noch einmal in einer diplomatischen Note, dass die Reparationsfrage für sie offen sei.
Nazi-Deutschland hatte Griechenland und Jugoslawien am 6. April 1941 überfallen. Bis 1944 verübten SS und Wehrmacht in Griechenland zahlreiche Massaker. Sie bezeichneten diese als Vergeltung für Partisanenangriffe. Zehntausende griechische Zivilisten kamen im Krieg ums Leben.
Eine griechische Parlamentskommission schätzte die Summe für die von Deutschland verursachten Kriegsschäden im Land auf mindestens 289 Milliarden Euro - inklusive einer Zwangsanleihe, die Griechenland der Deutschen Reichsbank während des Krieges gewähren musste.
Für die Bundesregierung in Berlin ist das Reparationsthema dagegen mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag über die außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit von 1990 rechtlich und politisch abgeschlossen. In dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik, der DDR und den vier ehemaligen Besatzungsmächten USA, Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien sind Reparationen allerdings nicht ausdrücklich erwähnt. Außerdem waren zahlreiche von Nazi-Deutschland angegriffene und besetzte Staaten wie Griechenland und Polen an den Verhandlungen darüber nicht beteiligt.
Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags hatten die deutsche Haltung zu den griechischen Reparationsforderungen in Frage gestellt. „Die Position der Bundesregierung ist völkerrechtlich vertretbar, aber keineswegs zwingend“, heißt es in einem Gutachten vom Juni 2019. Griechenland habe - anders als Polen - nie auf Reparationen verzichtet und seine Ansprüche immer wieder geltend gemacht.
Grüne und Linke kritisieren die unnachgiebige Haltung der Bundesregierung scharf. In einer Bundestagsdebatte zum 80. Jahrestag des Überfalls auf Griechenland forderten beide Fraktionen vor wenigen Tagen in Anwesenheit der griechischen Botschafterin Maria Marinaki einen Kurswechsel.
Der Grünen-Angeordnete Manuel Sarrazin sagte, es sei „geradezu demütigend“, dass die griechischen Ansprüche einfach so für erledigt erklärt würden. „Das ist eine schwere Belastung für unsere deutsch-griechische Freundschaft.“ Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth sagte sogar, sie schäme sich für die Haltung Deutschlands. Die Linken-Politikerin Heike Hänsel nannte die deutsche Position „moralisch, aber auch rechtlich inakzeptabel“.
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