Hoffnung auf Wiederherstellung beschädigter Dokumente
Von Jonas Uphoff
Buenos Aires (AT) - Mehr als 25 Jahre ist es nun her, da erschütterte der Anschlag auf das Hauptgebäude des jüdischen Sozialwerks AMIA das gesamte Land. Bis heute bleibt dieser Tag als einer der finstersten und tragischsten der neueren argentinischen Geschichte in Erinnerung. Dabei wurden nicht nur 85 Menschen getötet und weitere 300 verletzt, nahezu das gesamte Gebäude fiel der Explosion zum Opfer. Dadurch gingen auch unzählige persönliche Dokumente, Aufzeichnungen, Notenbücher, Schallplatten und andere Überlieferungen jüdischer Kultur verloren. Nur dank des beherzten Einsatzes freiwilliger, vor allem jugendlicher Helfer, konnten viele Fragmente überhaupt geborgen und aufbewahrt werden, blieben jedoch zerstört und unleserlich.
Doch jetzt gibt es Hoffnung: Dank neuester technischer Methoden des Fraunhofer-Instituts könnte es nun möglich sein, viele der Dokumente wieder zusammenzufügen, zu restaurieren und für die Nachwelt zu digitalisieren. Dr. Bertram Nickolay, Abteilungsleiter für Maschinelles Sehen beim Institut in Berlin und Kopf des Projekts war am vergangenen Dienstag nach Buenos Aires gereist, um die vorhandenen Möglichkeiten vorzustellen. Dies geschah auf einer Konferenz, die von der deutschen Botschaft organisiert im neuen Regierungsgebäude der Stadt Buenos Aires im Viertel Parque Patricios stattfand. Anwesend war hierbei auch die IWO–Stiftung, deren Ziel die Erforschung jüdischer Geschichte und Kultur ist und deren Sitz sich während der Zeit des Anschlages ebenfalls im AMIA-Gebäude befand.
Zunächst wurde der Opfer des Anschlages gedacht sowie mit einem kurzen Film den Leuten gedankt, die als Zeitzeugen und Helfer nach dem Anschlag bei der Sicherung der Dokumente halfen. Dann kam es zu Grußworten der Kulturbeauftragten der deutschen Botschaft, Maja Dimitroff, die betonte, dass man stolz sei, ob der Fortschritte, die die Unterstützung von Seiten des Auswärtigen Amtes gebracht hätte. Gastgeberin Pamela Malewicz von der Stadt Buenos Aires hieß die Teilnehmer willkommen. Chaskiel Hansman von der IWO-Stiftung, zeigte sich deutlich gerührt bei der Erinnerung an den Anschlag.
Dann war die Bühne frei für Bertram Nickolay der in aller Ausführlichkeit den Wiederherstellungsprozess beschrieb. Hierbei kommt ein spezieller zweiseitiger Scanner zum Einsatz, der die Objekte einliest. Anschließend setzt eine komplexe Software zueinander gehörende Teile zusammen, daher auch der Name „E-Puzzler“. Nickolay, seinerseits ein Liebhaber traditioneller jiddischer Musik und Kultur, weshalb er sich bei dem Projekt auch besonders engagiert, präsentierte einige Beispiele anhand von wiederhergestellten Notenbüchern und persönlichen Notizen.
„Wenn ein Projekt später einmal mit meinem Namen verbunden werden soll, dann dieses hier“ so Nickolay. Das Projekt hätte nun, mit finanzieller Unterstützung des Auswärtigen Amtes ein Jahr erfolgreicher Probezeit hinter sich gebracht. Nun jedoch bedürfe es weiterer Unterstützung von Seiten der Vereine und Institutionen beider Länder, da eine vollkommene Regeneration zeitaufwendig und kostspielig ist. Außerdem erfordert sie absolute Kooperation aller beteiligten. Der Wissenschaftler zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die bisherigen Erfolge eine überzeugende Wirkung auf bereite Unterstützer hätten. Bei Kulturgütern, die mit Vorsatz und Gewalt zerstört wurden, wolle er „erst recht“ dafür sorgen, dass sie der Nachwelt erhalten blieben.
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