Freitagsdemo nun auch in der Hauptstadt angekommen
Von Mika Soriano Eupen
Buenos Aires (AT) - „Laut einer Studie („2018 Global Attitudes Survey“) fühlen sich 71 Prozent der Deutschen vom Klimawandel bedroht, die restlichen 29 Prozent von einem 16-jährigen Mädchen.“ Zusammen mit dieser Beschriftung veröffentlichte die deutsche ARD-Satiresendung „extra3“ unlängst auf ihren Kanälen ein Bild mit dem Gesicht der schwedischen Schülerin und Klimaaktivistin Greta Thunberg.
Die „gefürchtete“ 16-jährige ist mittlerweile durch die von ihr ins Leben gerufenen „Fridays For Future“-Demos („F4F“) zu einem echten Idol der internationalen Klimaschutzbewegung geworden. Wöchentlich folgen inzwischen jeden Freitag Hunderttausende Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten dem Beispiel der Neuntklässlerin und bleiben dem Unterricht fern, um für einen Wandel in der internationalen Klimapolitik zu demonstrieren.
Auch in Deutschland nehmen immer mehr junge Menschen an den Protesten teil. In meiner Heimatstadt Köln versammelten sich am vergangenen Freitag Zehntausende mittags um den Dom herum. Unter ihnen auch meine kleine Cousine, die mit einem selbstgebastelten „There is no planet B“ Schild und entschlossenem Gesicht in der Menge stand.
In insgesamt 123 Ländern nahmen vorigen Freitag nach Angaben von fridaysforfuture.org insgesamt rund 1,5 Millionen junge Menschen in verschiedenen Städten an den Demonstrationen teil. Zum ersten Mal dabei: Buenos Aires, meine Freunde und ich.
Für mich persönlich war der Schutz des Klimas immer wichtig. Allerdings muss ich gestehen, dass ich weniger mit aktiven Handlungen, als durch schlaue Worthülsen auffiel. Ich erzähle oft viel vom Energiesparen und dem ökologischen Fußabdruck, vergesse aber selber fast immer alle technischen Geräte ordentlich abzuschalten oder fliege regelmäßig in den Urlaub, wenn nicht gerade für ein Praktikum auf die andere Seite der Welt. Damit werde ich Greta Thunberg, die einmal im ZDF sagte: „Ich mag es nicht, wenn Menschen das eine sagen und das andere machen“, wohl nicht mehr sympathisch.
Also nahm ich mir für 2019 vor, mir in der Hinsicht endlich auch mal an die eigene Nase zu fassen. Dabei hilft mir momentan vor allem meine Mitbewohnerin Luissa (18) aus Gelsenkirchen.
Luissa ist deutsche Freiwillige in Moreno (Provinz Buenos Aires) und seit Anfang der 11. Klasse Mitglied in der Essener Greenpeace-Jugend. Klimaschutz habe sie auch schon immer interessiert, wie sie erzählt. Sie geht in Deutschland regelmäßig auf Demos und ist fast alle zwei Wochen bei einer Greenpeace-Aktion dabei.
In Buenos Aires gebe es leider keine Jugendorganisation, von denen sie weiß, wie sie weiter erzählt. Man versuche hier hauptsächlich Spenden auf der Straße und in U-Bahn-Stationen zu sammeln. Doch auch hier setzt sie sich für das Klima ein und versucht unsere Wohnung so „grün“ wie möglich zu halten. Dabei reißt sie damit alle mit.
Logisch, dass dann vorigen Freitag der erste richtige WG-Ausflug mit eigens gebasteltem Plakat zur Plaza del Congreso anstand. Anders als in den meisten europäischen Städten war die Kundgebung allerdings nicht während der Schulzeit geplant, sondern in den frühen Abendstunden.
Nachdem eine Woche zuvor noch ein Meer von Frauen den „Dia de la mujer“ feierten, war der Platz nun mit einigen Hundert Demonstranten deutlicher übersichtlicher.
Mit Plakaten wie „Si la culpa no te mata, el cambio climático lo haría” (Wenn Deine Schuld Dich nicht tötet, wird es der Klimawandel tun) und „Si el planeta fuera un banco, ya lo habían salvado” (Wenn die Erde eine Bank wäre, hätten wir sie gerettet) jubelten die Demonstranten allen Rednern zu, die auf der improvisierten Bühne ihre Anliegen mitteilten. Das Wort konnte jeder ergreifen, der wollte.
Nachdem auch der Letzte dem in Hör- und Sichtweite stehenden Kongress seine politischen Versäumnisse um die Ohren gehauen hatte, machten sich die meisten wieder auf den Weg nach Hause.
Luissa hingegen zog es wie magisch an den Stand der „Jovenes por el clima“ (Jugend für das Klima), einer neugegründeten Organisation von jungen argentinischen Klimaaktivisten, mit bereits über 10.000 Instagram Followern. Als sie zurückkam, sagte Luissa: „Ich denke, ich werde denen mal schreiben.“
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