Umstrittenes Urteil führt zu kleineren Protesten
Washington (dpa) - Nach dem Freispruch im viel beachteten Prozess um den Tod zweier Menschen bei Anti-Rassismus-Protesten in der Stadt Kenosha in den USA ist es am Wochenende zu einzelnen kleineren Protesten gekommen. In Portland im Bundesstaat Oregon versammelten sich am vergangenen Freitagabend US-Medien zufolge etwa 200 Demonstranten. Bei ihrem Protest gingen unter anderem Fensterscheiben zu Bruch, wie die Polizei mitteilte. Auch in anderen Städten, darunter Chicago und New York, kam es zu kleineren Demonstrationen. Befürchtete Proteste oder Ausschreitungen größeren Ausmaßes blieben zunächst aber aus.
Bei Protesten in Kenosha im Bundesstaat Wisconsin hatte der damals 17-jährige Kyle R. im Sommer 2020 zwei weiße Männer mit einem Sturmgewehr erschossen und eine weitere Person verletzt. Er wurde unter anderem wegen Mordes in zwei Fällen angeklagt. Am Freitag befanden ihn die Geschworenen in dem Prozess in allen fünf Anklagepunkten für nicht schuldig. Der inzwischen 18-jährige Weiße hat die tödlichen Schüsse nie bestritten, plädierte aber auf nicht schuldig. Er berief sich auf sein Recht zur Selbstverteidigung. Nach eigenen Angaben hatte er Eigentum vor Plünderungen schützen wollen.
Bei seiner Aussage während des Prozesses beteuerte der Angeklagte, er sei nicht nach Kenosha gefahren, um Ärger zu machen. Er sei bedroht worden und habe geschossen, weil er um sein Leben gefürchtet habe. Der eine Mann, den er erschoss, habe ihn verfolgt und nach seiner Waffe gegriffen. Der andere habe mit einem Skateboard auf ihn eingeschlagen. „Ich hatte nicht vor, sie zu töten. Ich wollte die Leute aufhalten, die mich attackierten“, sagte er. Die Anklage betonte jedoch, trotz der Unruhen am Rande der Proteste habe in dieser Nacht nur eine Person geschossen, nämlich der Angeklagte.
Nach dem Freispruch waren in den USA Proteste befürchtet worden, weil die Entscheidung Vorwürfen Vorschub geben könnte, wonach weiße Angeklagte von der US-Justiz oftmals besser behandelt werden als Schwarze. Der Prozess hat in den USA bereits eine Debatte über das Recht auf Selbstverteidigung und das Tragen einer Waffe ausgelöst.
US-Präsident Joe Biden erklärte: „Obwohl das Urteil in Kenosha bei vielen Amerikanern ein Gefühl des Ärgers und der Sorge zurücklassen wird, und dazu gehöre ich auch, müssen wir anerkennen, das die Geschworenen gesprochen haben.“ Biden forderte die Bürger auf, ihre Reaktionen zu dem Urteil friedlich und in Einklang mit dem Gesetz auszudrücken.
Die schweren Proteste in Kenosha im Sommer 2020 waren ausgebrochen, nachdem dem Afroamerikaner Jacob Blake bei einem Polizeieinsatz mehrfach in den Rücken geschossen worden war. Der Fall ereignete sich in einem aufgeheizten politischen Klima, denn nur etwa drei Monate vorher war in Minneapolis der Afroamerikaner George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz getötet worden. Floyds Tod hatte landesweit zu anhaltenden Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus geführt.
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