Nach der historischen Corona-Krise schwenkt die europäische Wirtschaft wieder auf einen kräftigen Wachstumskurs. Die EU-Kommission hob ihre Konjunkturprognose für 2021 und 2022 am Mittwoch deutlich an. Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni verwies auf Impferfolge und Öffnungsschritte, aber auch auf Schub durch die Weltwirtschaft und die milliardenschweren EU-Aufbauhilfen. «Der Schatten von Covid-19 hebt sich langsam von der europäischen Wirtschaft», sagte er. Die deutsche Industrie teilt die Zuversicht.
In den 27 EU-Staaten erwartet die EU-Kommission für 2021 nun 4,2% Wachstum, in den 19 Staaten der Eurozone 4,3%. Für nächstes Jahr wird sowohl für die EU als auch für die Eurozone ein Plus von 4,4% vorhergesagt. Das ist jeweils rund ein halber Prozentpunkt mehr als noch im Februar prognostiziert.
Die Werte für Deutschland, die größte Volkswirtschaft der EU und der Eurozone, liegen etwas unter dem Schnitt: Die EU-Kommission geht von 3,4% Wirtschaftswachstum 2021 und 4,1% 2022 aus. Doch war auch der Einbruch in der Pandemie in Deutschland geringer als in anderen Staaten. Ende dieses Jahres soll das Bruttoinlandsprodukt wieder so hoch sein wie vor der Krise, wie Gentiloni sagte.
Andere große Eurostaaten brauchen nach dieser Prognose länger, obwohl sie schneller wachsen. Frankreich wird laut Gentiloni wohl Anfang 2022 wieder auf Vorkrisenniveau sein, Italien und Spanien erst Ende 2022. Die drei Länder waren wie Griechenland mit einem Minus von mehr als 8% beim Bruttoinlandsprodukt am stärksten von der Krise betroffen. Spaniens Wirtschaft büßte sogar 10,8% ein.
Diese Staaten sollen nun auch die meisten Aufbauhilfen aus dem Programm Next Generation EU bekommen. Gentiloni rechnet damit, dass der Aufbaufonds RRF dieses Jahr insgesamt E 62 Mrd. auszahlt, nächstes Jahr dann E 77 Mrd.. Diese Corona-Hilfen würden die europäische Wirtschaftsleistung bis Ende 2022 um rund 1,2% des Werts von 2019 anheben.
Schulden und Haushaltsdefizite der EU-Staaten würden dieses Jahr noch weiter wachsen, bevor sie wieder abnähmen. So werden 2021 die EU-Staaten gemessen am Bruttoinlandsprodukt im Schnitt ein Haushaltsdefizit von 7,5% aufweisen. 2022 soll dieser Wert dann wieder auf knapp unter 4% sinken. Die Schuldenquote, ebenfalls gemessen am Bruttoinlandsprodukt, soll dieses Jahr in der EU auf 94% steigen, in der Eurozone sogar auf 102% .
Erlaubt wären nach EU-Regeln normalerweise 3% Haushaltsdefizit und 60% Verschuldung. Die Vorgaben wurden jedoch wegen der Pandemie 2020 ausgesetzt. Das müsse bis Ende 2022 so bleiben, bekräftigte Gentiloni. Trotz der enormen Ausgaben für Krisenhilfen hält die Kommission die Inflationsrisiken für mäßig. Von 0,7% im vergangenen Jahr werde die Rate in der EU insgesamt 2021 auf 1,9% steigen und dann 2022 wieder auf 1,5% sinken. (dpa)
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