Studie: 44,2 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze
Buenos Aires (AT) - Einen „deutlichen Anstieg“ der Armut beklagen die Katholische Universität (UCA) und der Wohlfahrtsverband Caritas. Eine von ihnen ausgearbeiteten Studie weist aus, dass im Laufe des Jahres 2020 44,2 Prozent der argentinischen Bevölkerung unter die Armutsgrenze gefallen sind. Dies entspricht einem Anstieg von 3,4 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor.
Der Anteil der Menschen in extremer Armut an der Gesamtbevölkerung beträgt der Studie zur Folge 10,1 Prozent. „Familien, die immer Arbeit hatten, kommen heute mit ihren Einkünften nicht mehr über die Runden“, heißt es.
Die Armutsgrenze wird für eine vierköpfige Familie derzeit bei einem Einkommen von 63.000 Pesos definiert. Mehr als die Hälfte aller Kinder müssen in Armut aufwachsen. In den Vororten von Buenos Aires sind es sogar fast 75 Prozent. In solchen Problembezirken hat nur eines von vier Kindern jeden Tag etwas zu essen.
Der Bericht betont, dass die extreme Armut während der Pandemie sogar auf das Doppelte gestiegen wäre, hätte es keine Sozialhilfemaßnahmen gegeben. Wie die Caritas bei der Vorstellung der Studie informierte, habe die katholische Hilfsorganisation seit Beginn der Pandemie rund 3,2 Millionen Menschen erreichen können. Mit gesammeltem Geld war es möglich, das ganze Jahr über zahlreiche Projekte und Initiativen der landesweit 3500 Caritas-Einrichtungen zu unterstützen.
Wie Agustín Salvia, der Direktor der zur UCA gehörenden Beobachtungsstelle für gesellschaftliche Verschuldung (OSDA), ausführte, seien 41,9 Prozent der städtischen Bevölkerung „mehrdimensional arm“. Das heißt hinsichtlich ihres Gehaltes, aber auch bezüglich ihrer gesamten Lebensumstände. Dies betrifft etwa Zugang zur Grundversorgung oder zur Bildung. Die ungleichen Bedingungen hätten sich die durch den pandemiebedingten virtuellen Unterricht, der einen Internetzugang voraussetzt, noch verstärkt. Die Gesamtsituation im Land wird in dem Bericht als „dramatisch“ bezeichnet.
Argentinien ist von einer lang anhaltenden Wirtschaftskrise geplagt, die durch den mehrmonatigen Lockdown im Vorjahr noch verschärft wurde. Die Inflation vernichtet den Wert der Landeswährung. Hinzu kommen Staatsschulden in Milliardenhöhe. Gleichwohl warnen die Macher der Studie eindringlich davor, die Sozialhilfe für die Bedürftigen im Land zu reduzieren.
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