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Foto del escritorArgentinisches Tageblatt

Die politisch bedingte Erdölknappheit


Erdöl ist als Folge des Ukraine-Krieges knapp geworden, und der Preis ist auf über u$s 130 pro Barrel gesprungen, gut doppelt so viel wie vor einem Jahr. Sofort kam die Lesart auf, dass der Preis noch viel mehr steigen könnte, etwa auf u$s 300 pro Barrel. Doch das sind Phantasien, die man lieber beiseitelässt. Bei der weltweiten Erdölwirtschaft gilt die ungeschriebene Regel, dass ein Preis bis zu u$s 100 pro Barrel als normal angesehen wird, ein höherer jedoch nicht. Das paradoxe dieser Lage liegt jetzt darin, dass die Produktion durch Saudi-Arabien, Iran u.a. per sofort stark erhöht werden kann, so dass der Preis wieder sinkt.

US-Präsident Joe Biden hat den Import von russischem Erdöl verboten. Doch das hat kaum eine effektive Wirkung, weil die Vereinigten Staaten nur wenig Erdöl importieren (seit sie die Förderung von Schieferöllagern in Gang gesetzt haben), und Russland nur 8% der Erdölexporte nach den USA liefert. Hauptkäufer des russischen Erdöls sind EU-Staaten, die auch bereit sind, diesen Import aufzugeben, wenn sie andere Versorgungsquellen haben. Denn ohne Erdöl kommen sie nicht aus.

Für Russland wäre ein Einbruch der Erdölexporte eine Tragödie, da das Land von diesen Devisen lebt. Die Rezession, die dabei eintreten würde, wäre sehr tief und würde das Leben der Bevölkerung direkt betreffen. Wobei selbstverständlich Putin dafür verantwortlich gemacht würde.

Die Erdölknappheit sollte jedoch nicht sein. Saudi-Arabien hat sich im Rahmen des OPEC-Kartells verpflichtet, weniger Erdöl zu liefern, als es produzieren kann. Doch die Bedingungen des Abkommens haben sich jetzt geändert, so dass es revidiert werden müsste. Per sofort könnte Saudi-Arabien 2 Mio. Barrel pro Tag mehr fördern und exportieren. Und danach könnte es noch viel mehr sein. Normalerweise pflegt Saudi- Arabien gute Beziehungen zu den USA, weil die regierende Schicht weiß, dass sie bei einem eventuellen Angriff von einem anderen Staat auf die militärische Hilfe der USA angewiesen ist. Doch jetzt ist ein politisches Problem aufgetaucht: Prinz Mohammed ben Salomon, der zur regierenden Dynastie gehört und als zukünftiger König gilt, ist beim Mord des Journalisten Jamal Kashoggi in der Türkei verwickelt, und das kann die zivilisierte Welt nicht dulden. Werden Biden u.a. jetzt ein Auge zudrücken?

Ebenfalls könnte Iran kurzfristig mehr Erdöl liefern. Iran produziert 3 Mio. Barrel pro Tag, und könnte kurzfristig viel mehr produzieren. Aber der Export ist als Sanktion wegen nicht-Einhaltung des Atomabkommens gehemmt. Doch jetzt steht unmittelbar eine Einigung über das iranische Atomprogramm bevor. Sie müsste beschleunigt werden.

Schließlich kommt noch Venezuela in Frage. Dieses Land erzeugte 2008 noch 2,5 Mio. Barrel pro Tag, und heute sind es unter 500.000 Barrel. Die Produktion kann kurzfristig leicht und in ein oder zwei Jahren stark erhöht werden. Doch das erfordert, Investitionen, da die bestehenden Anlagen sich in schlechtem Zustand befinden, und auch Technologie und Einsatz von guten Fachleuten, die bei PDVSA fehlen, weil sie auf andere Erdölfirmen der Welt übergingen, wo sie mehr verdienten und nicht dem politischen Druck ausgesetzt waren, der in Venezuela besteht. Eventuell könnten US-Erdölfirmen verpflichtet werden, die schneller und besser an das Problem herangehen als die staatliche PDVSA. Biden hat schon einen ersten Versuch unternommen, ein Gespräch über US-Mitwirkung bei der Produktionserhöhung einzuleiten. Doch auch hier fällt es ihm schwer, dem Diktator Maduro die nachgewiesenen massiven Verletzungen der Menschenrechte zu verzeihen. Eventuell könnte die Unterstützung der USA bei der Erhöhung der Erdölproduktion an Verpflichtungen bezüglich Fortschritten bei der Demokratisierung gebunden werden.

Wenn der internationale Erdölpreis längere Zeit übertrieben hoch bleibt, dann wird die rezessive Wirkung auf die Weltwirtschaft sehr bedeutend sein. Und dann werden auch einige Länder ein Auge zudrücken und Erdöl von Russland beziehen. Die Vereinigten Staaten und die EU sind daher gezwungen, politisch akzeptable Lösungen für die Probleme zu finden, auf die wir oben hingewiesen haben. Je schneller dies erreicht wird, umso kürzer wird die gegenwärtige Erdölkrise sein.

Die einfachste Lösung wäre die, das Putin sich von der Ukraine zurückzieht und ein Friedensabkommen abschließt, so dass die Sanktionen der USA, der EU-Staaten u.a. aufgehoben werden.


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