Charlie Watts stirbt mit 80
London (dpa) - Was für ein Unterschied zu den wilden Band-Frontleuten Mick Jagger und Keith Richards, auch zum ebenso gern über die Stränge schlagenden Ron Wood: Bei Charlie Watts konnte man denken, er habe sich in den Rock‘n‘Roll-Zirkus irgendwie nur verirrt. Der Schlagzeuger der Rolling Stones hatte die Ausstrahlung eines englischen Gentlemans, war stets dezent und elegant gekleidet, wirkte auch sonst unauffällig. Und er hatte ein Faible für Jazz, den er auch in Bands spielte - was ihn als musikalischen Feinschmecker auswies.
Am Dienstag ist der Brite im Alter von 80 Jahren gestorben. „Charlie war ein geschätzter Ehemann, Vater und Großvater und als Mitglied der ‚Rolling Stones‘ auch einer der großartigsten Schlagzeuger seiner Generation“, hieß es in einem Statement seines Agenten Bernard Doherty vom Abend, auf das sich unter anderem die britische Nachrichtenagentur PA berief. Watts sei im Kreis seiner Familie in einem Londoner Krankenhaus friedlich gestorben.
Völlig überraschend kam die Nachricht indes nicht: Vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass Watts nicht an der kommenden US-Tournee seiner Band teilnehmen sollte. Er erhole sich von einer nicht näher genannten medizinischen Behandlung, hieß es. Fast 60 Jahre war der Drummer da schon Mitglied der Stones - ein halbes Jahr nach dem ersten Auftritt der Band im legendären Londoner Marquee Club am 12. Juli 1962 war er dazugestoßen.
Geboren am 2. Juni 1941 als Charles Robert Watts in Nordlondon, entdeckte der Musiker schon früh seine Liebe zu Jazz und Blues. Aus einem alten Banjo entstand sein erstes Schlagzeug - wenn man so will, der Beginn einer jahrzehntelangen Karriere und des Welterfolgs mit einer der heute ältesten aktiven Rockbands. Der Drummer mied im Gegensatz zu Sänger Jagger und Gitarrist Richards das Rampenlicht und meist auch die Exzesse. Und er schweißte die Band zusammen, wenn sich die Frontmänner verkrachten.
In den 1980er Jahren aber trank auch Watts zu viel, nahm selbst Drogen. 2004 überstand der einst starke Raucher eine Kehlkopfkrebserkrankung. Privat galt er stets als solide: Selbst in wilderen Zeiten soll er sich von den vielen Groupies, die die Band umschwärmten, ferngehalten haben. Und seit 1964 war Watts mit derselben Frau verheiratet - der Künstlerin Shirley Watts, mit der er eine erwachsene Tochter hatte.
Eigentlich hätten die Rolling Stones im vergangenen Sommer Stadionkonzerte in den USA und Kanada spielen sollen. Nun wird man sehen, wie es für die Band ohne ihr Rückgrat weitergehen kann. „Ich dachte ein paar Mal, dass die Band aufhört. Ich habe das früher nach jeder Tournee gedacht“, scherzte Watts in einem Interview des „New Musical Express“.
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