Hartmut Koschyk zu Gast im Argentinischen Tageblatt
Von Marcus Christoph
Buenos Aires (AT) - Vor fünf Jahren war Hartmut Koschyk schon einmal hier. Damals noch als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. In dieser Woche stattete der Vorsitzende der „Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland“ Argentinien einen erneuten Besuch ab. Im Rahmen dessen kam der CSU-Politiker auch ins Tageblatt zu einem Gedankenaustausch mit Verleger Juan Alemann.
Dabei blickte Koschyk auf das Erreichte zurück, seit er 2014 zum ersten Mal mit den Vertretern der hiesigen deutschstämmigen Vereine zusammengetroffen war. Damals entstand die Idee, eine Evaluierungsstudie zu Gegenwart und Zukunft der erwähnten Vereinigungen anzufertigen.
Als Mann für die Umsetzung wurde der junge Politikwissenschaftler Marco Just Quiles gewonnen, der sich Anfang 2018 zwei Monate lang ein Bild vor Ort machte und auf dieser Grundlage eine Analyse erstellte (wir berichteten).
Entstanden ist daraus das Projekt #JungesNetzwerk, das „die Selbstorganisation der deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen in Argentinien stärken und ihr Potenzial als Kooperationspartner für die Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands weiter entwickeln“ will, wie es die Stiftung Verbundenheit selber formuliert. Im deutschen Bundestag wurden unlängst die Fördermittel bewilligt, um das zunächst für ein Jahr konzipierte Projekt um ein weiteres Jahr zu verlängern.
„Wir wollen das Interesse an Deutschland wecken“, beschreibt Just Quiles sein Konzept. Es sollen „zivilgesellschaftliche Brücken nach Deutschland“ geschlagen werden. Los ging es mit dem Gründungskongress für das „Junge Netzwerk“ Ende August in Rosario, bei dem der Schwerpunkt auf dem Thema Umwelt lag. Am heutigen Freitag gibt es in Palermo einen Workshop für ausgewählte Teilnehmer, bei dem ein modernes Deutschlandbild vermittelt werden soll. „Wir müssen schon Input liefern“, sagt Just Quiles. Er meint: Wenn erst mal Interesse am Land geweckt worden ist, entstehe auch der Wunsch, die deutsche Sprache zu erlernen.
Das Thema deutsche Sprache war vor allem Hartmut Koschyk wichtig. Um deren Erhalt bzw. Weiterverbreitung zu fördern, empfahl er ein Beispiel, das in den USA erfolgreich Schule gemacht habe: Dort entstand aus privater Initiative das Netzwerk der German Language Schools, das auch in ländlichen Gegenden einen unkomplizierten Zugang zur Sprache Goethes und Schillers ermögliche. Die deutsche Sprache müsse ein allgemein zugängliches Gut sein. Der Zugang dazu dürfe nicht am Geldbeutel scheitern, meint Koschyk.
Der CSU-Politiker warb dafür, Formate zu entwickeln, die geeignet sind, junge Menschen für Deutschland zu interessieren: Beispielsweise einen zweisprachigen Poetry Slam, also einen literarischen Wettbewerb mit selbstverfassten Texten, parallel in Deutschland und Argentinien zu organisieren. Die Gewinner beider Länder treffen dann in einem Endturnier aufeinander. Ein anderes Beispiel ist der Wettbewerb „Jugend debattiert“, der demnächst in deutscher Sprache im argentinischen Kongress ausgetragen werden soll.
Um die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu vertiefen, hat die Initiative #JungesNetzwerk zuletzt auch Kontakte zur argentinischen Botschaft in Berlin hergestellt. So soll „eine neue Dimension des zivilgesellschaftlichen Kulturaustausches“ entstehen und auch junge Argentinier in Deutschland in die Kooperation eingebunden werden. Dazu passt die Idee, in Deutschland einwöchige Bildungsreisen nach Argentinien auf den Spuren der hiesigen deutschen Einwanderung anzubieten.
Während seines Argentinien-Aufenthalts besuchte Koschyk auch Villa General Belgrano in der Provinz Córdoba. Dort ging es um Zukunftskonzepte, die das Image als „Stadt des deutschen Bierfestes“ ergänzen könnten. In Buenos Aires nahm der Politiker, der von 1990 bis 2017 im deutschen Bundestag saß, an einer Veranstaltung des argentinischen Kongresses zum Fall der Berliner Mauer vor 30 Jahren teil. Zum Abschluss seines Gesprächs im Tageblatt äußerte Koschyk die Hoffnung, dass bis zu seinem nächsten Besuch in Argentinien nicht wieder ein halbes Jahrzehnt ins Land ziehen möge.
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