Weiter keine Neuwahlen / Putschist wird Premier
Rangun (dpa) - In Myanmar soll es nach dem Putsch des Militärs erst im August 2023 Neuwahlen geben. Genau ein halbes Jahr nach der Machtübernahme in dem südostasiatischen Land kündigte Juntachef Min Aung Hlaing in einer langen Fernsehansprache am Sonntag an, dass der Ausnahmezustand bis dahin verlängert werde. Die Junta teilte außerdem mit, dass Min Aung Hlaing zum Premierminister einer „Übergangsregierung“ ernannt wurde. Bisher stand er einem „Staatsverwaltungsrat“ vor.
Die Generäle hatten am 1. Februar dieses Jahres die Macht ergriffen und die Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt. Dem Militär, das sich nach Jahrzehnten an der Macht per Verfassung von 2008 deutliches Mitspracherecht in Parlament und Regierung erhalten hatte, soll die zur Ikone gewordene Regierungschefin immer gefährlicher geworden sein.
Auch am Sonntag gab es in Myanmar wieder landesweit zahlreiche Proteste aus der Bevölkerung, die die Wiedereinsetzung der zivilen Regierung fordert. Der Widerstand wurde von der Junta in den vergangenen Monaten mit brutaler Härte unterdrückt. Nach Schätzungen der Gefangenenhilfsorganisation AAPP wurden bisher 940 Menschen getötet. Fast 7000 wurden festgenommen.
Der Ausnahmezustand sollte zunächst ein Jahr dauern, wurde dann auf zwei und nun auf zweieinhalb Jahre verlängert. In seiner 51 Minuten dauernden Rede erneuerte der Juntachef seine Vorwürfe gegen die gestürzte Regierung. Er warf Aung San Suu Kyi Machtmissbrauch vor und behauptete, die Parlamentswahl vom November 2020 sei manipuliert worden. Suu Kyi, die seit dem Putsch erneut im Hausarrest sitzt, hatte die Wahl mit ihrer Partei „Nationale Liga für Demokratie“ (NLD) klar gewonnen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warf den Machthabern in Myanmar Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Dazu zählten Mord, gewaltsames Verschwindenlassen, Folter, Vergewaltigung und andere Form von sexueller Gewalt, hieß es in einer Stellungnahme vom Samstag. Die Organisation rief ausländische Regierungen dazu auf, die Gasimporte aus dem südostasiatischen Land zu reduzieren, um die Junta von ihrer wichtigsten Devisenquelle abzuschneiden.
Derweil werden Suu Kyi ein halbes Dutzend Vergehen vorgeworfen. Beobachter und Menschenrechtsexperten vermuten, dass die Junta die Politikerin durch die Verfahren langfristig zum Schweigen bringen will. Die 76-Jährige stand schon einmal insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest, damals wegen ihres Widerstandskampfes.
Myanmar leidet zudem unter einer schweren Corona-Welle. Die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward warnte, der Putsch habe zu einem fast vollständigen Zusammenbruch des Gesundheitssystems geführt. Nach manchen Schätzungen könne innerhalb der nächsten zwei Wochen die Hälfte der Bevölkerung mit dem Virus infiziert sein, sagte sie laut Medienberichten.
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