Alberto Fernández Favorit im Präsidentschaftsrennen
Buenos Aires (AT/mc) - Argentinien hat die Wahl: An diesem Sonntag, dem neunten Todestag von Ex-Präsident Néstor Kirchner, entscheiden die Wahlberechtigten darüber, wer in den kommenden vier Jahren das Land als Präsident führen wird. Dann wird die Frage beantwortet, die die letzten Wochen die Nation beschäftigte: Schafft es Amtsinhaber Mauricio Macri nach dem desaströsen Ergebnis der Vorwahlen am 11. August doch noch, das Blatt zu wenden und zumindest eine Stichwahl zu erzwingen? Oder kann Herausforderer Alberto Fernández übermorgen das Präsidentschaftsrennen entscheiden, ohne in einen weiteren Wahlgang ziehen zu müssen? Die weiteren vier Bewerber dürften keine echten Chancen haben.
Fernández, dessen Vize-Kandidatin die umstrittene Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner ist, wäre direkt gewählt, wenn er ähnlich stark abschnitte wie bei den Vorwahlen. Bei diesen konnte er fast 47,8 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen.
In Argentinien muss ein Präsidentschaftskandidat auf 45 Prozent der Stimmen oder auf 40 Prozent mit zehn Prozentpunkten Vorsprung vor dem Zweiten kommen, um in der ersten Runde zu gewinnen. Anderenfalls kommt es zu einer Stichwahl, die für den 24. November (Sonntag) angesetzt ist.
Macri verbuchte bei den Vorwahlen lediglich 31,8 Prozent für sich. Um es in die Stichwahl zu schaffen, müsste er sich nun schon mindestens auf 35 Prozent verbessern und darauf hoffen, dass Fernández auf unter die 45-Prozent-Marke zurückfällt. Wahrlich kein leichtes Unterfangen. Das zu erreichen ist nur möglich, wenn es dem amtierenden Präsident gelingt, in größerem Umfang Wähler zu mobilisieren, die den Vorwahlen ferngeblieben waren.
Für bessere Stimmung im Regierungslager sorgte zuletzt die Großkundgebung in Buenos Aires am vorigen Samstag, zu der Hunderttausende Menschen strömten und Macri anfeuerten (siehe Seite 6). Auch bei der zweiten TV-Debatte, die am Sonntag in der Juristischen Fakultät von Buenos Aires ausgetragen wurde, zeigte sich der Präsident diesmal angriffslustiger als in der Diskussion eine Woche zuvor in Santa Fe.
Vor allem ging er auf die Korruptionsfälle während der Zeit der Kirchner-Regierungen ein, denen Fernández zeitweise als Kabinettschef diente (2003 bis 2008). „Es ist unmöglich zu glauben, dass er davon nie etwas mitbekommen hat“, unterstellte Macri. Fernández schlug zurück, indem er auf Geschäfte der Unternehmerfamilie Macri verwies, die Gegenstand juristischer Untersuchungen sind.
Macri kam bei dem Schlagabtausch entgegen, dass er in den verschiedenen Themenblöcken meist nach Fernández sprechen konnte. Dies hatte die Auslosung der Sprecherreihenfolge ergeben. Das Klima zwischen den beiden Hauptkonkurrenten im Kampf um den Einzug in die Casa Rosada war so vergiftet, dass sie sich im Anschluss an die zweistündige Debatte nicht einmal die Hand gaben.
In gleichem zeitlichen Umfang Gelegenheit, ihre Position dem TV-Publikum darzustellen, hatten die weiteren Bewerber: Der gemäßigte Ex-Wirtschaftsminister Roberto Lavagna, der es bei den Vorwahlen auf 8,2 Prozent brachte, war um moderate Töne bemüht. Er versprach ein Beschäftigungsprogramm, das pro Jahr nicht weniger als 200.000 neue Arbeitsplätze schaffe.
Der Linksaußen Nicolás del Caño (2,9 Prozent bei den Vorwahlen) schlug unter anderem vor, die Arbeitslosigkeit dadurch zu minimieren, die vorhandene Arbeit auf mehr Menschen zu verteilen. Der Rechtskonservative Juan José Gómez Centurión (2,6 %) machte sich für eine rigorose Sicherheitspolitik stark. Vor allem den Straßenblockaden, die hierzulande eine Art Mittel der politischen Auseinandersetzung geworden sind, sagte er den Kampf an.
Der Ultraliberale José Luis Espert (2,2 %) vertrat den Standpunkt, dass Macri und Fernández in wesentlichen Punkten nicht so weit voneinander entfernt seien und nannte als Belege für die These Devisenkontrollen, Zahlungsunfähigkeit des Staates und Einfrierung von Preisen.
Nun hat der Wähler das Wort.
Weitere Entscheidungen
Buenos Aires (AT/mc) - Am Wahlsonntag geht es nicht nur um das Präsidentenamt. Auch in mehreren Gliedstaaten stehen wichtige Entscheidungen an. So in der Provinz Buenos Aires, wo María Eugenia Vidal eine Wiederwahl als Gouverneurin anstrebt. Allerdings werden der Parteifreundin von Mauricio Macri nach der Vorwahlschlappe gegen ihren linksperonistischen Herausforderer Axel Kicillof nur noch Außenseiterchancen eingeräumt.
In der Hauptstadt stellt sich mit Horacio Rodríguez Larreta ein weiterer Parteigänger des Präsidenten zur Wiederwahl. Der Regierende Bürgermeister konnte bei den Vorwahlen ein ordentliches Ergebnis verbuchen. Er braucht nun aber mindestens 50 Prozent der Stimmen, um eine Stichwahl zu vermeiden. Erster Herausforderer ist Matías Lammens, der Kandidat von Frente de Todos (Bündnis von allen). Neue Verwaltungschefs werden auch in Catamarca und La Rioja gekürt.
Zudem gilt es, die Zusammensetzung des Kongresses neu zu bestimmen. In der Deputiertenkammer wird die Hälfte der 260 Sitze neu gewählt. Im Senat sind es ein Drittel der 72 Mandate. Die 24 neuen Senatoren werden in der Hauptstadt sowie in den Provinzen Chaco, Entre Ríos, Neuquén, Río Negro, Salta, Santiago del Estero und Feuerland ermittelt.
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