Hilfsorganisation feiert Jubiläum
Paris (dpa) - Ein Geburtstag ohne glückliches Geburtstagskind: Nur mäßig kann sich Christian Katzer, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, über das 50-jährige Bestehen der Hilfsorganisation freuen. 50 Jahre seien kein Grund zu feiern, sagt Katzer, denn humanitäre Hilfe sei noch immer notwendig. Dennoch sei man stolz auf das, was in den vergangenen Jahren geleistet wurde.
Und diese Liste ist lang. Ob beim Libanonkrieg, dem Völkermord in Ruanda, dem Bosnienkrieg, Naturkatastrophen und Ebola-Ausbrüchen - die Hilfsorganisation war mit ihren Beschäftigten in zahlreichen der großen Notlagen der vergangenen Jahrzehnte vor Ort. Sie ist eine der bedeutendsten Organisationen im Bereich medizinische humanitäre Hilfe. 1999 erhielt die Organisation für ihre „bahnbrechende humanitäre Arbeit“ sogar den Friedensnobelpreis.
Weltweit agiert Ärzte ohne Grenzen mit etwa 64.000 Beschäftigten in 88 Ländern. Dass die Organisation einmal so groß werden würde, war anfangs kaum abzusehen. Am 21. Dezember 1971 schlossen sich Ärzte und Journalisten in Paris zusammen und gründeten Médecins sans frontières (MSF). Einige von ihnen hatten im Biafra-Krieg in Nigeria Hilfe geleistet und waren frustriert, nicht mehr tun zu können. Sie wollten die Nothilfe besser organisieren und mehr Aufmerksamkeit für Notlagen schaffen, nicht mehr zu Einsätzen schweigen. MSF sollte so medizinische Hilfe mit Öffentlichkeitsarbeit vereinen und Sprachrohr sein. Wegen ihres ungewöhnlichen Ansatzes wurden die Freiwilligen von MSF auch als „Rebellen der Nothilfe“ bezeichnet, wie Francis Sejersted in ihrer Lobesrede bei der Verleihung des Friedensnobelpreises schilderte.
Doch beides unter einen Hut zu bekommen, stellte sich als schwieriger Spagat heraus, wie Tankred Stöbe, ehemaliges Mitglied im internationalen Vorstand der Organisation, erzählt: „Indem ich was berichte, mache ich mich ja immer auch politisch angreifbar.“ Die Auswirkungen von Berichten seien schwer einschätzbar, so etwa im Syrienkrieg beim Thema Giftgasangriffe.
Mit den Jahren änderten sich bei MSF die Umstände der Arbeit. Einst ritten sie heimlich auf Eselskarawanen nach Afghanistan ein, konnten monatelang kaum Zeichen von sich geben. Heute sei das unvorstellbar. Teams seien regelmäßig erreichbar, und man könne innerhalb von Stunden in alle Winkel dieser Welt kommen, erzählt Stöbe, der selbst in etlichen MSF-Einsätzen war.
Gleichzeitig hat sich auch das Einsatzgebiet von MSF verändert. „Die Hilfe, die wir anbieten, die ist eben nicht mehr nur in exotischen Kontexten, sondern wir sehen - und das hätten wir, glaube ich, vor 50 Jahren auch nicht für möglich gehalten - auch in Europa müssen wir helfen“, sagt Stöbe. An der polnischen Grenze etwa, wo Menschen erfrören, auf griechischen Inseln und im Mittelmeer. Flucht und Vertreibung sei eine der zunehmend globalen Krisen.
Weiter nach vorne gedacht hat Stöbe einen ungewöhnlichen Wunsch: 2071 kein 100. Jubiläum feiern zu müssen.
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