Öl um Pinguin-Idyll Malwinen befeuert Konflikt
Buenos Aires (dpa) - Es ist ein Pinguin-Idyll am Ende der Welt - und vielleicht auch eine dringend benötigte Energiequelle. Doch die Entdeckung von Öl- und Gasvorkommen rund um die abgelegenen Malwinen-Inseln im Südatlantik heizt auch den Streit zwischen Großbritannien und Argentinien neu an. An diesem Samstag ist es 40 Jahre her, dass der Konflikt eskalierte: Am 2. April 1982 landeten argentinische Soldaten auf dem Archipel. In einem kurzen, aber blutigen Krieg gelang Großbritannien die Rückeroberung. Die Folgen prägen beide Länder bis heute.
Ging es bisher vor allem um Nationalstolz, spielen nun kommerzielle Interessen eine gewichtige Rolle. Schließlich gewinnt die Suche nach neuen Energiequellen nicht erst seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine an Bedeutung. Ungefähr eine Milliarde Barrel Öl (je 159 Liter) vermutet die Regionalregierung des britischen Überseegebiets im sogenannten North Falkland Basin.
Mehrere Energiefirmen aus Großbritannien, den USA und Israel haben in den Gewässern um die Malwinen bereits Probebohrungen vorgenommen und versuchen, Öl- und Gasvorkommen zu erschließen. Ganz zum Missfallen der argentinischen Regierung. "Großbritannien verstößt gegen internationales Recht, wenn es die Inseln militarisiert, illegale Fischerei zulässt und die Ausbeutung von Öl- und Gasvorkommen vorantreibt", sagte der zuständige Staatssekretär im argentinischen Außenministerium, Guillermo Carmona, kürzlich in einem Interview.
Die argentinische Regierung verhängte im vergangenen Jahr Sanktionen gegen die britischen Unternehmen Chrysaor Holdings und Harbour Energy sowie die israelische Firma Navitas Petroleum, die sich an der Entwicklung des Ölfeldes Sea Lion beteiligten. Unter anderem dürfen die Energiekonzerne bis zu 20 Jahre lang nicht mehr in Argentinien operieren. Harbour Energy zog sich daraufhin aus dem Projekt Sea Lion zurück. Die Regionalregierung zeigt sich dennoch zuversichtlich, neue Partner zu gewinnen. Die argentinische Gesetzgebung sei nicht gültig, geben sich die Malwinen demonstrativ gelassen. Doch die Sache ist für das Übersee-Territorium knifflig. Denn durch den Brexit ist die Wirtschaft bereits stark betroffen, seitdem gelten hohe Zölle für den Handel mit der EU.
Rund 12.750 Kilometer liegt London von den Pinguin-Inseln entfernt, und so manches Mal fühlen sich die Inselbewohner, die 2013 in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit für den Verbleib bei Großbritannien stimmten, von der britischen Hauptstadt im Stich gelassen. Noch 1982 konnte die eigentlich politisch schwer angeschlagene Premierministerin Margaret Thatcher von einem nationalen Taumel profitieren, als sie, als Reaktion auf den argentinischen Angriff, die Marine ausschickte. Heute erscheinen die Inseln für viele Briten hingegen weit weg.
Eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Veteranenorganisation Help for Heroes fand heraus, dass nur die Hälfte der 18- bis 34-Jährigen wissen, wann der Krieg stattfand. Jeder Zehnte denkt, dass eine britische Invasion der Inseln der Kriegsauslöser war und ebenso viele glauben, die Malwinen liegen im Ärmelkanal. Der Malwinen-Krieg drohe, zu einem vergessenen Krieg zu werden, warnt Help for Heroes. Dabei litten viele Veteranen an Kriegsfolgen. 255 Briten starben damals bei den Kämpfen, zahlreiche wurden verletzt.
Anders sieht das Bild in Argentinien aus. In dem politisch tief gespaltenen Land dient die Frage der Malwinen, auch als Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Dabei können sich die Argentinier auf nicht viel einigen - die sprichwörtliche "grieta" (Riss) trennt Linke und Rechte, Städter und Dörfler und sogar die verfeindeten Fans der Fußballclubs Boca und River. Für alle aber gilt: "Las Malvinas son argentinas" (Die Malwinen sind argentinisch). Auch 40 Jahre nach dem Krieg sind Schilder mit dem Slogan noch im ganzen Land zu finden.
Die Niederlage auf den Malwinen führte in Argentinien letztlich zum Sturz der Militärdiktatur, die nach Einschätzung von Historikern mit dem Feldzug eigentlich von zunehmenden innenpolitischen Problemen ablenken wollte. Doch der Anspruch auf die Inseln, die seit 1833 von Großbritannien beherrscht werden, ist geblieben. Zuletzt kam vermehrt Zuspruch auf, etwa von China. Damit steigt auch auf den Inseln die Nervosität. Leider gebe es immer noch Menschen, "die den Jahrestag als Gelegenheit nutzen wollen, weiterhin ihre falschen Ansichten über unsere Selbstbestimmung zu vertreten", heißt es grimmig aus der Hauptstadt Stanley (Puerto Argentino).
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