Jüdische Gemeinde fordert weiter Aufklärung
Buenos Aires (AT/wvg) - Zum 28. Jahrestag des AMIA-Anschlags von 1994 haben Vertreter der jüdischen Gemeinde am Montag ein weiteres Mal Gerechtigkeit für die Opfer und die vollständige Aufklärung der Hintergründe gefordert. „Wie erklären Sie sich so viel Straffreiheit? Es ist schwierig, all das zu erklären, was in 28 Jahren nicht passiert ist“, sagte der erst kürzlich gewählte AMIA-Präsident Amos Linetzky bei der zentralen Gedenkveranstaltung. Die Hintermänner des Attentats müssten endlich gefunden und bestraft werden. Bei der ersten nicht-virtuellen Gedenkveranstaltung seit der Corona-Pandemie kam auch der Fall des iranisch-venezolanischen Frachtflugzeugs zur Sprache, welches derzeit noch immer am Flughafen in Ezeiza festhängt.
Pünktlich zur Uhrzeit des Attentats um 9.53 Uhr begannen am Montagmorgen am Standort des ehemaligen AMIA-Gebäudes die Sirenen zu heulen. Während der Veranstaltung unter dem Motto „Wir kehren in die Straße Pasteur zurück“ hielten Menschen Schilder mit den Gesichtern der Opfer in die Höhe. Außerdem sprachen Überlebende und Angehörige der Opfer.
„Bei der Terrorismusbekämpfung ist Argentinien auf demselben Stand wie vor 30 Jahren“, kritisierte AMIA-Präsident Linetzky in seiner Rede. „Wir haben nichts gelernt.“ Er beklagte zudem durchlässige Grenzen und schwache Kontrollen. Sonderstaatsanwalt Alberto Nisman hätte bereits im Jahr 2013 die Aktivitäten des Iran in der Region aufgedeckt. Mögliche Aktivitäten des Iran in Lateinamerika sind seit der Ankunft eines iranisch-venezolanischen Frachtflugzeugs am Flughafen Ezeiza wieder verstärkt in den Fokus der politischen Debatte in Argentinien geraten. (Wir berichteten)
Linetzky forderte darüber hinaus, endlich konsequent gegen die Täter von damals vorzugehen. Es sei heute erwiesen, dass der Iran und die Hisbollah Urheber des Attentats seien. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Argentinien sei dennoch untätig und unternehme nichts, auch dann nicht, wenn die mutmaßlichen Täter trotz internationalen Haftbefehls in verschiedene Länder reisten. Linetzky verwies dabei auf einen Vorfall im Januar dieses Jahres, als der mit internationalem Haftbefehl gesuchte iranische Ex-General Mohsen Rezai in Nicaragua an der Amtseinführung des dortigen Präsidenten Daniel Ortega teilnahm und der ebenfalls anwesende argentinische Botschafter in Nicaragua nicht intervenierte. Rezai gilt für die argentinischen Behörden als einer der Hintermänner des Attentats.
Politische Beobachter kritisierten unterdessen, dass von Seiten der Nationalregierung lediglich Bildungsminister Jaime Perczyk bei der Gedenkveranstaltung anwesend war. Präsident Fernández und andere hochrangige Regierungspolitiker nahmen nicht teil. Bereits am Freitag hatte Präsident Alberto Fernández die neue Leitungsebene der AMIA in der Casa Rosada empfangen. Diese zeigten sich bei dem Gespräch besorgt über die Vorgänge rund um das venezolanisch-iranische Frachtflugzeug. Der Präsident bekräftigte sein Engagement, die Anschläge vollständig aufzuklären.
Bei dem Bombenanschlag auf das AMIA-Gebäude im Buenos Aires-Stadtteil Balvanera (Straße Pasteur 633) kamen am 18. Juli 1994 insgesamt 85 Menschen ums Leben. 300 weitere Personen wurden verletzt. Die Hintergründe des Attentats sind bis heute nicht vollständig aufklärt. Bereits zwei Jahre zuvor kam es am 17. März 1992 zu einem Anschlag auf die israelische Botschaft in Buenos Aires. Dabei kamen 29 Menschen ums Leben.
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